Winterspeck durch Lichtmangel? Forscher haben eine überraschende Eigenschaft des Unterhaut-Fettgewebes entdeckt: Die Fettzellen reagieren auf blaues Licht. Werden sie damit bestrahlt, schrumpfen sie und werden weniger, wie erste Versuche zeigen. Als Lichtsensor dient den Fettzellen ein Pigment, das auch in der Netzhaut vorkommt. Möglicherweise kann das Fettgewebe damit auf den Wechsel der Jahreszeiten reagieren – und der Lichtmangel im Winter fördert so die Fetteinlagerung.
Nicht nur der Tag-Nacht-Rhythmus-Rhythmus beeinflusst uns als interner Taktgeber, auch die Jahreszeiten wirken sich auf unseren Körper und unsere Psyche aus. Unser Hormonhaushalt verändert sich, einige Menschen neigen im Winter eher zu Depressionen und sogar unser Gehirn verändert in der kalten Jahreszeit seine Aktivität. Gleichzeitig verführt uns das kalte Winterwetter dazu, mehr und kalorienhaltiger zu essen – als Folge nehmen wir zu.
Überraschender Zufallsfund
Doch unser Winterspeck könnte noch einen anderen Grund haben, wie Katarina Ondrusova von der University of Alberta und ihre Kollegen entdeckt haben. „Das war ein glücklicher Zufall“, berichten sie. Denn eigentlich wollten die Forscher herausfinden, ob man Fettzellen biotechnologisch so umbauen kann, dass sie bei Lichtbestrahlung Insulin produzieren.
Als die Forscher jedoch zur Kontrolle ganz normales Unterhaut-Fettgewebe bestrahlten, bemerkten sie etwas Ungewöhnliches: Wurden die Fettzellen blauem Licht ausgesetzt, reagierten sie darauf. Elektrophysiologische Messungen zeigten, dass bei diesem Licht geladene Teilchen durch einen bestimmten Ionenkanal in die Zelle einströmten. Je heller das Licht war, desto stärker war dieser Strom.
Fettabbau bei blauem Licht
Noch erstaunlicher aber: Wurden die Unterhaut-Fettzellen mehrere Tage lang blauem Licht ausgesetzt, veränderte sich auch ihre Form: Die in ihnen enthaltenen Fetttröpfchen schrumpften sichtbar und wurden weniger. Im Laufe der Zeit sank dadurch Fettgehalt der Zellen signifikant, wie die Forscher berichten. Offenbar verfügt unser Unterhaut-Fettgewebe nicht über eine Art Lichtsensor – es reagiert auch darauf.
Und tatsächlich: Nähere Analysen ergaben, dass die Fettzellen den lichtempfindlichen Farbstoff Melanopsin enthalten. Dieses Pigment kommt auch in der Netzhaut unseres Auges vor, ist dort aber nicht an unserem Sehen beteiligt. Stattdessen dient es unserer inneren Uhr als Sensor für den Tag-Nacht-Wechsel. Könnte das Melanopsin auch in den Fettzellen als Lichtsensor dienen?
Spüren Fettzellen die Jahreszeiten?
„Noch stehen wir erst am Anfang, aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Licht, das unseren Tagesrhythmus reguliert, auch auf die Fettzellen unter unserer Haut wirkt“, sagt Seniorautor Peter Light von der University of Alberta. „Der gleiche Signalweg könnte als Sensor wirken und beeinflussen, wie viel Fett wir Menschen in Abhängigkeit von der Jahreszeit verbrennen.“
Wie die Forscher ermittelten, wird zwar ein Großteil des Licht von der Haut abgefangen, aber von dem blauen Lichtanteil dringen immerhin 1,5 bis 2 Prozent ins Unterhaut-Fettgewebe vor. Bekommt unsere Haut demnach viel Sonnenlicht, dann dringt dessen blauer Anteil in die Haut ein und könnte dort zu einem Schrumpfen der Fettzellen und ihres Inhalts führen. „Umgekehrt könnte das spärliche Licht in den Wintermonaten die Einlagerung von Fett fördern und so zu dem typischen Gewichtszuwachs beitragen, den viele von uns im Winter erleben“, sagt Light.
Biologisch plausibel
Nach Ansicht der Forscher wäre dies aus evolutionärer Sicht durchaus plausibel: Dieser lichtgesteuerte biologische Mechanismus könnte unseren Vorfahren dabei geholfen haben, sich mit Beginn der dunklen Jahreszeit eine dickere, gegen Kälte isolierende Fettschicht zuzulegen. In jedem Fall eröffne die Entdeckung dieser Lichtreaktion der Fettzellen ein spannendes, ganz neues Forschungsfeld.
Das allerdings bedeutet nun nicht, dass sich jeder Abnehmwillige auf die Sonnenbank begeben sollte, beton Light. Die Bestrahlung sei keine sichere oder zu empfehlende Methode um Gewicht zu verlieren. „Wir wissen beispielsweise noch nicht, welche Lichtintensität und Dauer nötig sind, um diesen Signalweg zu aktivieren“, so der Forscher. „Unsere ersten Beobachtungen liefern nun aber uns und anderen Forschern viele faszinierende Ansatzpunkte für weitere Forschungen. (Scientific Reports, 2018; doi: 10.1038/s41598-017-16689-4)
(University of Alberta, 12.01.2018 – NPO)