Materialforschung

Cellulose als Mikroplastik-Alternative

Naturstoff könnte Plastikteilchen in Kosmetik ersetzen

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Cellulosepartikeln aus Buchenholz: Sie könnten künftig Mikroplastik in Kosmetik ersetzen. © Fraunhofer IMWS

Statt Kunststoff: Auf der Suche nach einer umweltfreundlichen Alternative zu Mikroplastik in Kosmetik sind Forscher nun fündig geworden. Sie entwickelten feinste Teilchen auf Basis von Cellulose, die in Zahnpasta und Peeling eine ähnliche Wirkung entfalten wie ihr konventionelles Pendant. Der biologisch abbaubare Naturstoff könnte demnach künftig als Schleifmittel für die Zahn- und Hautreinigung zum Einsatz kommen – aber womöglich auch Mikroplastik in Deo und anderen Produkten ersetzen.

Das Problem ist hinlänglich bekannt: Ob in Nord- und Ostsee, im Rhein oder anderen Gewässern – in allen Meeren, Flüssen und Seen schwimmen inzwischen Unmengen winziger Plastikteilchen umher. Dieses Mikroplastik bedroht nicht nur die Wasserlebewesen, sondern möglicherweise auch uns selbst. Denn an den winzigen Partikeln reichern sich Schadstoffe an, die versteckt in Fisch, Meersalz oder sogar Bier irgendwann wieder in unserem Magen landen.

Der Quell des Übels sind neben Kunststoffabfällen auch Kosmetikprodukte. Hersteller setzen Mikroplastik unter anderem als Schleifmittel in Peelings und Zahnpasta ein, das Beläge und abgestorbene Hautschüppchen entfernt. In Duschgels machen Teilchen aus Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) das Gel milchig, in Cremes dienen sie als Bindemittel und in Puder, Rouge und Lippenstift als leichter Füllstoff.

Zahnpasta, Peeling und Duschgel enthalten häufig solche winzigen Partikel aus Plastik. © Stephan Glinka/ BUND

Plastikersatz gesucht

Viele Kosmetikfirmen haben angesichts der Umweltproblematik jedoch angekündigt, in Zukunft auf den Einsatz von Mikroplastik verzichten zu wollen. Wie aber lassen sich die Partikel mit den nützlichen Eigenschaften ersetzen? Zumindest für Peelings und Zahncremes haben Forscher um Sandra Sarembe vom Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen in Halle nun eine vielversprechende Lösung entwickelt.

Auf der Suche nach biologisch abbaubaren Mikroplastik-Alternativen setzten sie sich mit dem Potenzial von Cellulosepartikeln aus Buchenholz, Hafer, Weizen und Mais auseinander. Hersteller von Naturkosmetik greifen für ihre Produkte schon länger auf solche Stoffe aus der Natur zurück. In Sachen Schmirgelwirkung und Reinigungsleistung schneiden diese allerdings oft nicht so gut ab wie das konventionelle Pendant.

Cellulose überzeugt im Zahnpasta-Test

Um die Eigenschaften der Celluloseteilchen in diesem Hinblick zu verbessern, tüftelten die Wissenschaftler zwei Jahre lang herum. Ihren Ausgangsstoff modifizierten sie dabei immer wieder, veränderten Größe, Form, Härte und Oberflächenstruktur der Partikel so lange, bis diese ihrem Vorbild aus Plastik möglichst nahekamen.

Ein gutes Ergebnis erzielten Sarembe und ihre Kollegen schließlich mit Cellulose aus Buchenholz. Die speziell optimierten Partikel konnten im Praxistest bereits überzeugen: „Eine Testzahnpasta mit den Buchenholz-Cellulosepartikeln zeichnet sich durch eine geringe Abrasionswirkung, aber dennoch gute Reinigungsleistung aus“, sagt Sarembe. Dank dieser Eigenschaften entfernen die biologisch abbaubaren Teilchen problemlos Plaque, Zahnverfärbungen und Essensrückstände, greifen aber nicht den Zahnschmelz an.

Kommen Shampoo und Co bald ohne Kunststoff aus? © Monticello/ iStock.com

„Hohes Potenzial“

Materialwissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass Cellulose unterschiedlichen Ursprungs zudem in Waschpeelings und anderen Hautkosmetika als Alternative für Mikroplastik taugen könnte. Demnach entfalten Teilchen aus dem Naturstoff eine ähnliche Wirkung wie Polyethylen. Auch als Füllstoff in Deodorants kommen die Cellulosepartikel dem Team zufolge infrage.

„Die Nutzung von Cellulose als biobasierter Füllstoff könnte auch in weiteren Einsatzfeldern wie in medizinischen Produkten möglich sein. Außerdem sind verschiedene Cellulose-Typen mischbar, die einen breiten Einsatz versprechen. Daher weisen die Partikel ein hohes Potenzial für neue Produktentwicklungen sowie attraktive Marketingmöglichkeiten für nachhaltige Produkte auf“, betont Sarembes Kollege Andreas Kiesow.

(Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, 17.01.2018 – DAL)

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