Faszinierendes Phänomen: Chamäleons sind nicht nur bunt, sie leuchten sogar. Werden sie mit UV-Licht bestrahlt, fluoreszieren die Köpfe der Echsen in geisterhaft blauem Licht. Sie zeigen damit eine für Landwirbeltiere extrem seltene Fähigkeit. Ungewöhnlich auch: Das blaue Leuchten kommt nicht aus ihrer Haut, sondern wird von den Knochen der Chamäleons erzeugt. Durchsichtige Hautfenster lassen das Fluoreszieren nach außen dringen.
Chamäleons sind für ihre Anpassungskünste berühmt: Die tierischen Verwandlungskünstler können innerhalb von Minuten ihre Farbe an ihre Umgebung anpassen. Erblicken sie dagegen Rivalen oder potenzielle Paarungspartnerinnen erstrahlen sie in grellem Farbenschmuck – teilweise durchlaufen sie dabei alle Regenbogenfarben nacheinander. Möglich wird dies durch spezielle Farbzellen in ihrer Haut, aber auch durch photonische Kristalle.
Blaues Leuchten am Kopf
Doch jetzt haben Forscher noch ein weiteres, bisher unerkanntes Farbenspiel bei den Chamäleons aufgedeckt: „Wir konnten es daher kaum glauben, als wir die Chamäleons in unserer Sammlung mit einer UV-Lampe beleuchteten“ berichtet David Prötzel von der Zoologischen Staatssammlung München. „Fast alle Arten zeigten blaue, vorher unsichtbare Muster im Kopfbereich, manche sogar über den ganzen Körper verteilt.“
Die Chamäleons fluoreszieren im UV-Licht. Vor allem die vorspringenden Grate und Dornen am Kopf vieler Arten senden bei Bestrahlung ein blaues Licht aus. Ein solches Leuchten ist von vielen Meerestieren schon länger bekannt, bei Landwirbeltieren aber ist es extrem selten. „Die Chamäleons sind eines der ersten bekannten terrestrischen Schuppenkriechtiere, die eine solche Fluoreszenz nutzen“, erklären die Forscher.
Knochenvorsprünge als Leuchtorgane
Wie aber erzeugen die Chamäleons ihr geisterhaftes blaues Leuchten? Nähere Untersuchungen enthüllten, dass diese Fluoreszenz nicht von der Haut der Echsen ausgeht, sondern von den darunter liegenden Knochen. „Dass Knochen unter UV-Licht leuchten, ist schon lange bekannt, aber dass Tiere dieses Phänomen nutzen, um selbst zu fluoreszieren, war bisher völlig unbekannt“, sagt Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung.
Als „Leuchtorgane“ dienen den Chamäleons ihre knochigen Vorsprünge am Kopf, die sogenannten Tuberkel. „Histologische Untersuchungen zeigen, dass die Tuberkel nur von einer 20 bis 25 Mikrometer dünnen Epidermis-Schicht bedeckt sind“, berichten die Forscher. An diesen Stellen sind auch die sonst dicht an dicht liegenden Farbzellen zur Seite gedrängt. Dadurch sind diese „Hautfenster“ fast völlig transparent.
Der Clou dabei: Durch diese durchsichtigen „Fenster“ am Kopf der Chamäleons kann UV-Licht ungehindert auf den Knochen scheinen. Der Knochen absorbiert die Energie dieser kurzwelligen Strahlung und gibt einen Teil davon wieder als bläuliches Licht ab – die Fluoreszenz.
Geheime Signale unter Artgenossen
Wie die Forscher feststellten, kommt diese Fluoreszenz bei acht der zwölf bisher bekannten Chamäleon-Gattungen vor. Typischerweise bilden die unter UV-Licht leuchtenden Tuberkel dabei Muster, die für bestimmte Arten oder Artengruppen typisch sind. Zudem scheinen Männchen zumindest bei einigen Gattungen mehr fluoreszierende Tuberkel zu tragen als Weibchen.
Doch wozu dienen diese leuchtenden Muster? Die Wissenschaftler vermuten, dass die Fluoreszenz kein Zufall ist, sondern der visuellen Kommunikation der Echsen dient. Ähnlich wie ihre bunten Farben Rivalen warnen und Geschlechtspartner anziehen sollen, könnte auch die Fluoreszenz das Erkennen von Artgenossen oder passenden Partnern erleichtern.
Indizien dafür liefern sowohl die Position der Leuchtmuster als auch ihre Farbe: „Die Fluoreszenz-Tuberkel konzentrieren sich um die Augen und an den Schläfen – dies sind bei den Chamäleons wichtige Areale für die Farbkommunikation“, erklären Prötzel und seine Kollegen. „Das Licht dieser Fluoreszenz hat zudem ein Maximum bei einer Wellenlänge von 430 Nanometer und diese blaue Farbe setzt sich gut gegen den grünen und braunen Hintergrund ihrer Waldhabitate ab.“
Noch können die Wissenschaftler über die Funktion der blauen Leuchtsignale der Chamäleons nur spekulieren. Denn biologische Aufgabe dieses Phänomen muss nun erst noch erforscht werden. Klar scheint aber schon jetzt: „Die Verbreitung und Rolle der Fluoreszenz bei terrestrischen Wirbeltieren wurde bisher unterschätzt“, konstatieren die Forscher. Die eindrucksvollen Signale der Chamäleons zeigen, dass es jenseits der menschlichen Wahrnehmung noch viel zu entdecken gibt. (Scientific Reports, 20ß18; doi: 10.1038/s41598-017-19070-7)
(Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns, 16.01.2018 – NPO)