Lehrmeinung widerlegt: Pilze wie der Champignon können selbst den widerstandsfähigen Holzbestandteil Lignin verstoffwechseln – bisher galt dies als weitgehend unmöglich. Doch die „Fütterung“ der Champigons mit 13C-markiertem Lignin hat die Pilze nun auf frischer Tat ertappt: In den Geweben und Proteinen der Pilze war der Kohlenstoff aus dem Lignin klar nachweisbar. Das belegt erstmals: Pilze können den Holzbestandteil Lignin nicht nur abbauen – sie nutzen ihn auch als Ressource.
Vom Busch bis zum Mammutbaum: Verholzte Pflanzen nutzen das Biopolymer Lignin, um ihre Zweige und Stämme stabil zu machen und vor der Zersetzung zu schützen. Denn dieses komplexe Molekül aus ringförmigen Kohlenwasserstoffverbindungen ist biochemisch schwer zu knacken. Selbst bei der Papierherstellung bleibt das Lignin aus dem Holz als Abfallstoff übrig und wird meist ungenutzt verbrannt.

Zwar gibt es einige Bakterien und Pilze, die das Lignin in kleinere Komponenten zerlegen können. „Bislang dachten aber alle, dass Lignin von den Pilzen lediglich abgebaut, aber nicht verstoffwechselt wird“, erklärt Koautor Michael Kohlstedt von der Universität des Saarlandes. Selbst holzfressende Pilze schaffen sich das hartnäckige Lignin nur aus dem Weg, um an die nahrhaften Zucker und Proteine im restlichen Pflanzengewebe zu gelangen – so die bisherige Annahme.
Champignons als Testobjekt
Doch ausgerechnet ein Allerweltspilz wie der Champignon hat diese Annahme nun widerlegt. Er diente dem Team um Kohlstedt und Erstautorin Katharina Duran von der Universität Wageningen als Testobjekt, um einem Hinweis nachzugehen. Nach diesem sind einige holzfressende Pilze in der Lage, einige eng mit dem Lignin verwandte, aber weniger langkettige chemische Verbindungen zu verstoffwechseln. „Das warf die spannende Frage auf, ob Pilze vielleicht doch das polymerische Lignin als Ressource für ihre Biomasse nutzen können“, erklären die Forschenden.