Das Naturmaterial Chitin ist älter als gedacht: Schon vor 505 Millionen Jahren nutzten es urzeitliche Hornschwämme, um ihre Körperhülle zu stabilisieren. Das zeigt ein Fossil dieser frühen Organismen, das Forscher im Burgess Shale in Kanada entdeckt haben. Dabei stellten sie auch fest, dass das Biopolymer erstaunlich hitzebeständig ist: Es verträgt bis zu 400 Grad Hitze ohne große Veränderungen.
Chitin ist neben Zellulose einer der wichtigsten Baustoffe der Natur. Das stabile aber flexible Material aus langkettigen Zuckerverbindungen schützt als Panzer den weichen Körper von Insekten, Krebsen und Spinnen, bildet die harte Raspelzunge der Schnecken und wird auch von Pilzen in ihre Zellen eingebaut. Weil diese Substanz in so vielen verschiedenen Organismengruppen vorkommt, war klar, dass sie schon früh in der Evolution von der Natur erfunden worden sein muss. Wann genau, war aber bisher unklar.
Erstaunlich alt und verblüffend hitzestabil
Ein fossiler Hornschwamm (Vauxia gracilenta) aus dem Burgess-Shale in Kanada hat jetzt mehr Aufschluss darüber gegeben. Denn er stammt aus dem Zeitalter des Kambrium, einer Ära, in der sich die Vielfalt der Organismen explosionsartig erhöhte. Damals, vor rund 500 Millionen Jahren, entwickelten sich nahezu alle Vorfahren der heutigen großen Tiergruppen. Schwämme gehörten dabei zu den ersten Vielzellern auf unserem Planeten, sie existierten bereits im Unterkambrium.
Ein internationales Forscherteam hat fossile Schwämme aus dem Burgess Shale nun näher untersucht und dabei festgestellt, dass auch diese rund 505 Millionen Jahre alten Tiere bereits Chitin in ihre Körperhülle einbauten. Das Chitin-Skelett des Hornschwammes hatte unter einer schützenden Mineralschicht die Millionen von Jahre erstaunlich gut überstanden – und das, obwohl das Gestein im Laufe der Evolution auf zwischenzeitlich bis zu 260 Grad Celsius aufgeheizt wurde.
Laborversuche ergaben, dass Chitin tatsächlich zu den wahrscheinlich thermostabilsten Biopolymeren gehört: Bis zu 400 °C kann das Naturmaterial aushalten, ohne dass es seine Zusammensetzung oder Form verändert. Wenn klar ist, warum das Chitin so hitzebeständig ist, dann könnte dieses Wissen auch genutzt werden, um neue, von der Natur inspirierte Materialien zu entwickeln, erklären die Forscher. (Scientific Reports, 2013)
(TU Bergakademie Freiberg, 18.12.2013 – NPO)