Riskantes Erbe: Ein genetischer Risikofaktor für schwere Verläufe von Covid-19 könnte vom Neandertaler stammen. Denn dieser sechs Gene umfassende DNA-Abschnitt kommt auch im Erbgut dieser Frühmenschen vor, wie nun ein Genomvergleich enthüllt. Er zeigt auch, dass rund acht Prozent der modernen Europäer diese Genvariante tragen, davon 30 Prozent der Menschen in Südasien. Sie könnten daher ein höheres Risiko für schwere Verläufe der Coronavirus-Infektion haben.
Warum eine Infektion mit SARS-CoV-2 nur bei manchen Menschen einen schweren Verlauf nimmt, beginnen Forscher erst allmählich aufzuschlüsseln. Demnach scheinen neben dem Alter und Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder Adipositas auch bestimmte Gene eine Rolle zu spielen. Forscher haben vor kurzem zwei dieser genetischen Risikofaktoren identifiziert: Es handelt sich um das ABO-Blutgruppen-Gen auf Chromosom 9 sowie einen sechs Gene umfassenden Abschnitt auf Chromosom 3.
Sechs Gene mit Auffälligkeiten
Auffällig jedoch: Der Genabschnitt auf Chromosom 3 kommt nicht nur häufiger bei Patienten mit schweren Covid-19 Verläufen vor. Das knapp 50.000 Basen umfassende DNA-Stück ist auch sehr stabil – es kommt fast immer in ganzer Länge vor und ist nur wenig verändert. Das hat die Aufmerksamkeit von Hugo Zeberg und Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig geweckt.
Denn typischerweise gibt es drei Gründe, warum ein Genabschnitt so stabil bleibt: Er unterliegt einer positiven Selektion und bringt demnach seinem Träger klare Vorteile. Er hat eine ungewöhnlich geringe Mutationsrate. Oder er gelangte einst als Block in die menschliche Population – beispielsweise bei Kreuzungen mit anderen Menschenarten wie dem Neandertaler. Bisher jedoch gibt es für diesen Genabschnitt keine Hinweise auf eine positive Selektion oder eine geringere Mutationsrate.