Zumindest in einer Sache irrte Charles Darwin: Er glaubte, dass das Haushuhn direkt vom in Asien lebenden Bankivahuhn abstammt. Doch eine neue Studie hat nun mithilfe von Genanalysen enthüllt, dass die Herkunft des domestizierten Geflügels komplizierter ist, als angenommen. Ein wichtiges Indiz für die Forscher war ein Gen, das die Beine der meisten Haushühner gelb färbt.
Charles Darwin, Begründer der Evolutionstheorie, knüpfte viele seiner Überlegungen an seine Beobachtungen zur Entwicklung der Haustiere. Für viele dieser Arten postulierte er bereits eine Abstammung, so für den Hund, aber auch für das Haushuhn. Dieses stammte seiner Ansicht nach direkt und ausschließlich von dem in Asien lebenden Bankivahuhn (Gallus gallus) ab. Doch genau diese Annahme haben nun Genforscher der schwedischen Universität Uppsala in einer in „PLoS Genetics“ veröffentlichten Studie nun widerlegt. Sie analysierten und kartierten ein bestimmtes Gen beim Haushuhn und unterschiedlichen Wildformen, das für die Gelbfärbung der Haut an den Beinen der Tiere sorgt.
Genmutation machte Beine gelb
Die meisten domestizierten Hühner haben heute gelb gefärbte Beine. Die Ursache dafür sind Carotinoide, gelb-rötliche Pflanzenfarbstoffe im Futter der Tiere. Je mehr Farbstoff im Futter, desto gelber werden auch die Beine. Genetisch gesehen beruht diese Beinfärbung jedoch eigentlich auf einem Defekt: Normalerweise sorgt ein Gen dafür, dass die Carotinoide chemisch zu Vitamin A umgebaut werden und so in eine farblose Form übergehen. Während dieses Gen in den meisten anderen Geweben der Haushühner funktioniert, ist es in der Haut durch eine so genannte funktionelle Mutation verändert. Sie führt dazu, das die Carotinoide gespeichert statt abgebaut werden.
Als nun die schwedischen Forscher diese Genmutation in den verschiedenen Hühnerformen untersuchten, erlebten sie eine Überraschung: Denn das Bankivahuhn (Gallus gallus), das bisher als alleiniger Vorfahr des Haushuhns galt, hatte genau diese Genmutation nicht. Stattdessen entdeckten die Forscher die Genmutation bei einer anderen Wildhuhnart, dem Grauen Kammhuhn (Gallus sonneratii).
Darwin irrte
„Unsere Studie zeigt, dass die meisten Gene des Haushuhns zwar vom Bankivahuhn stammen, aber das mindestens eine weitere Art, das Graue Kammhuhn, beteiligt gewesen ist“, erklärt Jonas Eriksson, Mitarbeiter der Studie. Nach Ansicht der Forscher wurde das Graue Kammhuhn vermutlich mit einer frühen Form des Haushuhns gekreuzt. „Was wir allerdings nicht wissen ist, warum die Menschen diese Eigenschaft züchteten“, erklärt Leif Andersson, Leiter der Studie und Professor an der Universität Uppsala. „Vielleicht hielten sie Hühner mit gelben Beinen für gesünder oder fruchtbarer als andere, oder ihnen gefiel einfach ihr auffälliges Aussehen.“
In jedem Falle ist damit auch belegt, dass Darwin mit seiner Hypothese einer direkten und alleinigen Abstammungslinie vom Bankivahuhn zum Haushuhn irrte. „Es ist wirklich eine Ironie des Schicksals, dass Darwin glaubte, der Hund gehe auf mehr als eine Wildart zurück, das Huhn aber stamme nur von einer wilden Spezies ab, dem roten Dschungelhuhn“, erklärt Greger Larsin, Forscher an der Uppsala Universität und der britischen Durham Universität. „Stattdessen wissen wir jetzt, dass es genau umgekehrt ist.“
(Universität Uppsala, 03.03.2008 – NPO)