Genetik

Das Glück liegt in den Genen

Forscher entdecken Zusammenhang zwischen Genvarianten und Glücksempfinden

Unser Erbgut beeinflusst, wie glücklich wir sind - zumindest zum Teil © iStock.com

Vererbtes Glück: Wer mit seinem Leben zufrieden ist und sich glücklich fühlt, könnte das seinem Erbgut verdanken. Denn die Neigung zu einer positiven Einstellung liegt auch in den Genen, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Genetics“ berichten. Sie fanden drei Genvarianten, die mit diesem Persönlichkeitsmerkmal zusammenhängen – und zwei, die die Entstehung von Depressionen begünstigen könnten. Doch keine Angst: Ein Großteil unseres Lebensgefühls hängt auch von der Umwelt und eigenen Erfahrungen ab.

Familie, Gesundheit, Geld und Erfolg – all das kann einen Menschen glücklich und zufrieden machen. Doch selbst unter den gleichen Voraussetzungen sind manche Menschen leichter zufrieden zu stellen als andere. Sie scheinen das Leben besser genießen zu können. Diese Unterschiede in der Persönlichkeit entstehen einerseits durch Umwelteinflüsse, also durch alles, was uns im Leben widerfährt. Doch auch die Gene spielen eine Rolle dabei.

Studien belegen, dass in den Ländern mit den glücklichsten Bewohnern eine bestimmte Genvariante besonders häufig vorkommt. Menschen von Nationalitäten, die gemeinhin als wenig optimistisch gelten, tragen dieses Glücklichmacher-Allel dagegen seltener. Auch Untersuchungen mit eineiigen Zwillingen deuten darauf hin, dass die Unterschiede in Sachen Zufriedenheit unter genetischem Einfluss stehen.

Suche nach Zusammenhängen

Wissenschaftler um Aysu Okbay von der Universität Rotterdam untermauern diese These nun – sie haben verschiedene Genvarianten entdeckt, die mit einer Neigung zu Zufriedenheit und Wohlbefinden, Depressionen oder einem Hang zu Neurotizismus zusammenzuhängen scheinen. Dafür führten die Forscher Meta-Analysen mit Daten aus zahlreichen epidemiologischen Kohortenstudien, sogenannten Genomweiten Assoziationsstudien (GWAS), durch.

Um potenzielle Zufriedenheits-Allele zu finden, wertete Okbays Team 59 Untersuchungen aus, an denen insgesamt 298.420 Personen teilgenommen hatten. Die Studien hatten nach Zusammenhängen zwischen bestimmten Genvarianten und einer positiven Grundeinstellung und subjektiv empfundener Lebenszufriedenheit gesucht. Daten zu depressiven Symptomen sowie Neurotizismus zogen die Wissenschaftler aus ähnlich angelegten Studien. Darin wurden die Probanden zum Beispiel gefragt, wie oft sie sich desinteressiert, traurig oder hoffnungslos fühlen.

Drei Genvarianten zum Glück

Die Analyse der umfangreichen Datensätze zeigte den Forschern zufolge einen deutlichen statistischen Zusammenhang zwischen den untersuchten Persönlichkeitsmerkmalen und bestimmten Genvarianten. Insgesamt fanden die Wissenschaftler drei Glücklichmacher-Varianten. Diese werden laut den Ergebnissen vor allem im Zentralen Nervensystem, in den Nebennieren sowie in der Bauchspeicheldrüse exprimiert.

„Diese Studie ist sowohl ein Meilenstein als auch ein Neuanfang“, sagen die Wissenschaftler. „Wir wissen nun sicher, dass Zufriedenheit auch in den Genen liegt. Die drei Genvarianten, die wir gefunden haben, erklären aber nur einen Teil der individuellen Unterschiede. Wir glauben, dass noch mehr Genvarianten eine Rolle spielen.“

Gleiche Variante für Zufriedenheit – und Depression

Okbays Team konnte zudem zwei Genvarianten ausmachen, die mit Depressionen zusammenhängen und elf, die den Hang zu Neurotizismus beeinflussen könnten. Und: Sie entdeckten Gene, die offensichtlich sowohl bei Depressionen als auch bei einer positiven Lebenseinstellung zum Tragen kommen.

Was widersprüchlich scheint, erklären sich die Forscher so: „Wahrscheinlich hängen diese Genvarianten mit Prozessen zusammen, die nicht für Depressionen oder Zufriedenheit spezifisch sind, sondern für beide Merkmale eine Rolle spielen.“ Die Glücksforschung könne demnach in Zukunft vielleicht sogar neue Einblicke in das Krankheitsbild Depression liefern.

Zusammenspiel zwischen Genen und Umwelt

Inwieweit die Gene für Unterschiede in Sachen Persönlichkeit und Gemütslage verantwortlich sind, wollen die Wissenschaftler in kommenden Studien weiter untersuchen. Sie warnen jedoch auch davor, ihre Ergebnisse überzubewerten.

Schließlich erhöhe zwar das Vorliegen bestimmter genetischer Variationen die Wahrscheinlichkeit dafür, ob sich jemand mehr oder weniger glücklich fühle. Doch Umweltfaktoren wie soziale Komponenten seien ebenso wichtig. „Wie etwa genetisch angelegte Persönlichkeit und Erziehung interagieren, können wir in Zukunft hoffentlich besser verstehen“, schließen sie. (Nature Genetics, 2016; doi: 10.1038/ng.3552)

(Vrije Universiteit Amsterdam/ Nature Genetics, 26.04.2016 – DAL)

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