Marine Kontamination: Auch Delfine sind inzwischen mit Weichmachern belastet. Im Urin dieser Meeressäuger haben US-Forscher erhöhte Mengen von mehreren Phtalaten nachgewiesen. Darunter waren auch Abbauprodukte von Diethylhexylphthalat (DEHP), einem vor allem in Plastik verwendeten Weichmacher. Die Forscher vermuten deshalb, dass die Delfine vor allem über Mikroplastik in ihrer Nahrung belastet werden. Welche Folgen dies für die Gesundheit der Meeressäuger hat, ist noch unklar.
Ob Trinkflaschen, Regenjacken oder Plastikverpackungen: Weichmacher wie Diethylhexylphthalat (DEHP) werden vielen Kunststoffprodukten zugesetzt, um das Material flexibler und elastischer zu machen. Doch über Fast-Food, Soßen und Getränke nehmen auch wir diese Phtalate auf – mit negativen Folgen für unsere Gesundheit. Denn die Weichmacher haben eine hormonähnliche Wirkung auf unseren Stoffwechsel und stehen im Verdacht, Übergewicht, Diabetes, Asthma und Neurodermitis zu fördern und die Fruchtbarkeit zu senken.
Urintest für Delfine
Doch wir sind nicht die einzigen, die durch Weichmacher belastet sind: Auch in vielen Meerestieren wie Krebsen, Muscheln und Fischen haben Forscher bereits Phtalate nachgewiesen. „Die Sorge über die weitverbreitete Belastung mit Phtalaten und ihre Gesundheitsfolgen gilt deswegen inzwischen auch der Meeresumwelt und den möglichen Auswirkungen vor allem auf die küstennahen Ökosysteme“, erklären Leslie Hart vom College of Charleston und ihre Kollegen.
Unklar war aber bisher, wie stark Delfine und andere Meeressäuger bereits betroffen sind. „Wegen ihrer Position als Top-Prädatoren in der Nahrungskette, ihrer langen Lebensdauer und ihrer küstennahen Habitate sind sie potenziell besonders anfällig“, so die Forscher. Für ihre Studie haben sie den Urin von 17 Großen Tümmlern in der Sarasota Bay in Florida im Laufe eines Jahres auf neun Abbauprodukte von Weichmachern untersucht.
Fast drei Viertel sind belastet
Das Ergebnis: 71 Prozent der Delfine hatten mindestens ein Phtalat-Metabolit im Urin. Am häufigsten und in den höchsten Mengen vertreten waren dabei Monoethyl-Phtalat (MEP) mit Konzentrationen von bis zu 33,4 Nanogramm pro Milliliter Urin und Mono-(2-Ethylhexyl)-Phthalat (MEHP) mit bis zu 5,9 Nanogramm pro Milliliter, wie die Forscher berichten. Aber auch weitere Weichmacher-Abbauprodukte wurden nachgewiesen.
„Dies sind Indizien dafür, dass die Delfine in ihrer Umwelt Weichmachern ausgesetzt waren und dass ihr Körper sie verstoffwechselt hat“, sagt Hart. Weil Urin im Gegensatz zu Fettgewebe die kurzzeitige Belastung widerspiegelt und Weichmacher in der Umwelt eher kurzlebig sind, deuten diese Werte darauf hin, dass die Phtalate wiederholt und anhaltend ins Meer freigesetzt wurden, wie die Forscherin erklärt.
Belastung durch Mikroplastik und Abwässer
Was aber ist Quelle der Weichmacher im Meer? Einen Hinweis darauf liefern die Konzentrationen der beiden Phtalat-Metabolite MEP und MEHP. „Der Weichmacher, aus dem MEP entsteht, wird vor allem in Kosmetika und Körperpflegeprodukten wie Shampoos und Seifen eingesetzt“, erklärt Hart. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Belastung des Meerwassers mit diesem Phtalat vor allem aus Abwässern stammt.
MEHP dagegen ist ein Abbauprodukt von Diethylhexylphthalat (DEHP), einem der am häufigsten in Plastik eingesetzten Weichmacher. Die Forscher vermuten daher, dass die Meeressäuger dieses Phtalat über Mikroplastik und mit Mikroplastik kontaminierte Nahrung aufgenommen haben. „Wir wissen inzwischen, dass es Unmengen von Plastikmüll in der Meeresumwelt gibt“, so Hart.
Gesundheitliche Folgen noch offen
Welche Folgen die Weichmacher-Belastung für die Gesundheit der Delfine hat, ist bisher noch unklar. „Die bei den Delfinen gemessenen MEHP-Konzentrationen liegen aber in einem Bereich, der beim Menschen mit einer verringerten Fruchtbarkeit in Zusammenhang gebracht wird“, sagen die Forscher. Weitere Studien zu den Auswirkungen der Phtalate auf Meeressäuger seien daher dringend angeraten.
Ebenfalls ungeklärt ist die Frage, wie stark Meeressäuger in anderen Meeresgebieten und von anderern Spezies mit Weichmachern belastet sind. Auch dazu müssen nun weitere Untersuchungen stattfinden. (GeoHealth, 2018; doi: 10.1029/2018GH000146)
(American Geophysical Union, 07.09.2018 – NPO)