Erfindergeist, Wildnisschutz und ein Schulterschluss zwischen Umwelt und Landwirtschaft: Dies sind die Leistungen, für die der diesjährige Umweltweltpreis verliehen wurde. Er geht an ein Ingenieursduo, das durch die Erfindung einer Vordüse die Schifffahrt emissionsärmer gemacht hat, und an einen Biologen, der maßgeblich zum Schutz der Wildnis weltweit beiträgt. Einen Ehrenpreis erhalten zudem zwei Frauen, die Landwirtschaft und Umwelt zusammenbringen. Der Deutsche Umweltpreis ist mit insgesamt 500.000 Euro Preisgeld eine der höchstdotierten Auszeichnungen in Europa.
„Daniel Düsentrieb-Moment“ im Schiffbau
Mit Erfindergeist und unternehmerischem Wagemut haben die Diplom-Ingenieure Friedrich Mewis und Dirk Lehmann die Schifffahrt weltweit revolutioniert. Der von ihnen entwickelte Becker Mewis Duct (BMD) hat seit seiner Markteinführung 2008 nicht nur Millionen Tonnen Schweröl eingespart, sondern auch rund zwölf Millionen Tonnen klimaschädliches Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2). Dabei handelt es sich um eine hydrodynamische energiesparende Vordüse.
„Ein Schiff ist wie ein Schuhkarton, der durchs Wasser geschoben wird. Vorne gibt’s eine Welle und hinten weiß das Wasser nicht, wohin es soll“, erklärt Mewis. Dieses „Nachstromfeld“ nimmt der BMD ins Visier: Die Vordüse enthält asymmetrische Strömungsleitflächen, die das Wasser effektiver und turbulenzärmer ableitet. Dies senkt den Verbrauch von Schweröl um bis zu zehn Prozent und macht die Schiffsantriebe zudem leiser. Bislang ist der Becker Mewis Duct weltweit schon in 1.400 Schiffen eingebaut, 300 Exemplare stehen vor einer Installation.
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) würdigt diese innovative Leistung mit ihrem diesjährigen Deutschen Umweltpreis, der zu den höchstdotierten Auszeichnungen Europas zählt und 2022 zum 30. Mal verliehen wird. Mewis und Lehmann erhalten die Hälfte des diesjährigen Preises. „Entscheidend sind die durch den Becker Mewis Duct erreichte Effizienzsteigerung und der positive Umwelteffekt. Beides bleibt – auch dann, wenn Schifffahrt endlich statt Schweröl andere und ökologischere Treibstoffe einsetzt“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.
„Kämpfer für die Wildnis“
Riesige Wildnisgebiete vor menschlichem Eingriff schützen und bewahren, dafür kämpft der Biologe Christof Schenck seit Jahrzehnten erfolgreich. Sein Engagement gilt besonders dem Schutz riesiger Nationalparks in den tropischen Regenwäldern Amazoniens, des Kongobeckens und Südostasiens. Als Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) unterstützt er 31 Schutzprojekte in 18 Ländern auf vier Kontinenten. Manche Schutzgebiete sind so groß wie die Schweiz und weisen im Vergleich zu Mitteleuropa das Zehnfache an Artenvielfalt auf.
Wichtig ist Schenck und seinen Mitstreitern, die Hot-Spots der Artenvielfalt langfristig vor dem Zugriff wirtschaftlicher Interessen bewahren und gleichzeitig die nachhaltige Entwicklung und finanzielle Absicherung der Bevölkerung vor Ort gewährleisten. Schenck fordert dafür „eine Basis-Finanzierung der Top-Nationalparke“, die oft mit schwankenden Einnahmen zu kämpfen haben. Sein Gegenmittel: die Gründung eines internationalen Naturerbefonds, des Legacy Landscapes Fund. „Das bringt international die Absicherung von Schutzgebieten erheblich voran“, sagt DBU-Chef Bonde. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt würdigt diese Leistung und verleiht Schenck die Hälfte des diesjährigen Deutschen Umweltpreises.
„Brücken zwischen Umwelt und Landwirtschaft“
Der diesjährige Ehrenpreis geht zu gleichen Teilen an ein Duo: Myriam Rapior vom Umweltverband BUND und Kathrin Muus als Vertreterin der Landwirtschaft. Sie entwarfen für die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) gemeinsam die Vision einer ökologischen, sozial nachhaltigen und zugleich ökonomisch tragfähigen Agrarwirtschaft. Die Kommission wurde im Juli 2020 unter dem Eindruck zunehmender Agrar- und Umweltproteste von der damaligen Bundesregierung gegründet. Hauptaufgabe des Gremiums: Empfehlungen für Wege zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft.
Im Juli 2021 legte die ZKL ihren Abschlussbericht vor. „Frau Rapior als Vertreterin der jungen Umweltbewegung und Frau Muus als junge Engagierte aus der Landwirtschaft sind ein tolles Beispiel dafür, wie Grabenkämpfe zu überwinden sind. Sie haben in der Zukunftskommission Landwirtschaft Brücken gebaut zwischen Umwelt und Landwirtschaft“, sagt Bonde. „Die beiden Frauen haben maßgeblich zum Einigungsprozess beigetragen.“
Quelle: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)