Urzeitlicher Familiensinn: Paläontologen haben in China den bisher ältesten fossilen Beleg für elterliche Fürsorge entdeckt. Vor 160 Millionen Jahren starben dort gemeinsam sechs Jungtiere und ein Erwachsener – vermutlich eines ihrer Elternteile. Die kleinen wasserlebenden Reptilien wurden vermutlich von ihren Eltern vor Fressfeinden geschützt, bis sie groß genug waren, um allein überleben zu können.
Für einige Säugetiere und auch Vögel ist die Sorge für den Nachwuchs und eine Art Familienzusammenhalt ganz normal. Sie füttern ihre Jungen oder lehren sie, Futter zu finden und schützen sie vor Fressfeinden. Auch bei den Vorfahren der Vögel, den diapsiden Reptilien, gehen Forscher schon länger von einer Art Brutpflege aus. Bisher allerdings gab es fossile Belege für Nester oder Familiengruppen nur von zwei Gruppen von Dinosauriern und einer waranähnlichen Echsenart.
Sechs Junge und ein Elternteil
In China haben Paläontologen nun einen weiteren Beleg für den Familiensinn der Urzeitechsen entdeckt: Ein Bauer hatte im Westen der chinesischen Provinz Liaoning das Skelett mehrerer Reptilien entdeckt, die gemeinsam in einer Steinplatte eingeschlossen waren. Erst jetzt, vier Jahre später, enthüllen nähere Untersuchungen, um was es sich bei diesen 160 Millionen Jahre alten Fossilien handelte.
Wie die Forscher feststellten, waren hier ein Erwachsener und sechs etwa gleichaltrige Jungtiere der kleinen, wasserlebenden Reptiliengattung Philydrosauras gemeinsam gestorben. Sie schließen daraus, dass es sich hier um ein Elternteil mit dem dazu gehörenden Nachwuchs handeln könnte. „Es ist zwar nicht ganz ausgeschlossen, dass diese Tiere erst während oder nach ihrem Tod zusammengespült wurden“, sagt Charles Deeming von der University of Lincoln. „Es ist aber wahrscheinlicher, dass dieses Fossil ein Beispiel für nachgeburtliche Brutpflege zeigt.“
Elterliche Fürsorge erhöht Überlebenschance
Weil die Jungtiere alle etwa gleich groß sind, vermuten die Paläontologen, dass sie alle aus dem gleichen Gelege stammen. Mindestens ein Elternteil blieb offenbar auch nach ihrem Schlüpfen in der Nähe und kümmerte sich um die Kleinen – bei Reptilien ist das heute eher die Ausnahme als die Regel. Wegen ihrer geringen Größe waren die Philydrosauras-Echsen vermutlich vor allem als Jungtiere leichte Beute für viele Fressfeinde. Die Forscher halten es daher für wahrscheinlich, dass die Eltern die Überlebenschancen des Nachwuchses erhöhen wollten, indem sie diese vor Feinden schützten.
„Dieses Fossil repräsentiert unseres Wissens nach den ältesten Beleg für elterliche Fürsorge bei diapsiden Reptilien“, sagt Deeming. Es sei ein Beispiel aus der wachsenden Sammlung von Urzeit-Relikten, die die vielfältigen Strategien der Reproduktion und Brutpflege bei dieser Tiergruppe verdeutlichen. Ob die Fürsorge für diese Reptilien vielleicht sogar die Norm statt nur eine Ausnahme war, müssen nun weitere Fossilfunde zeigen. (Geosciences Journal, 2014; doi: 10.1007/s12303-014-0047-1)
(University of Lincoln, 20.01.2015 – NPO)