Prähistorischer Vogelschlaf: Eine in der Mongolei entdeckte Dinosaurierart schlief offenbar bereits vor 75 Millionen Jahren so wie heutige Vögel. Am Fossil des Jaculinykus yaruui ist abzulesen, dass das Tier beim Schlaf die Beine unter den Körper klappte und gleichzeitig Schwanz und Hals abknickte, was ihm eine ähnliche Haltung wie schlafenden Gänsen oder Schwänen verlieh. Die Forschenden gehen daher davon aus, dass Jaculinykus auch sonst vogelähnlich war, etwa indem er bereits ein komplexes Federkleid trug.
Jeder heute lebende Vogel stammt ursprünglich von zweibeinig laufenden Dinosauriern ab. Zu diesen frühen Vogelvorfahren gehörten auch die Alvarezsauriden – kleine nachtaktive Fleisch- und Insektenfresser mit Federflaum. Ihr besonderes Kennzeichen waren stark reduzierte Hände, die bei manchen Arten nur aus einem einzigen krallenartigen Finger bestanden und mit denen die Tiere wahrscheinlich nach Insekten wie Termiten gruben.
Ein flinker Drache aus der Mongolei
Die Skelette von Alvarezsauriden wiesen bereits einige Gemeinsamkeiten mit denen heutiger Vögel auf. So war ihr Brustbein etwa mit einer Art Leiste versehen, die die Ansatzfläche für Muskulatur vergrößerte, und ihre Handwurzel- und Mittelhandknochen waren miteinander verschmolzen. Ein neuer Fossilienfund aus der Wüste Gobi könnte nun außerdem belegen, dass nicht nur die Anatomie, sondern auch das Verhalten der Alvarezsauriden bereits dem heutiger Vögel ähnelte.
Im Nemegt-Becken in der südlichen Mongolei haben Paläontologen um Kohta Kubo von der japanischen Hokkaido-Universität das fast vollständige Skelett eines bislang unbekannten Alvarezsauriden entdeckt. Sie tauften das weniger als einen Meter lange Tier auf den Namen Jaculinykus yaruui, was so viel bedeutet wie „flinker kleiner Drache mit Klauen“. Jaculinykus lebte in der oberen Kreidezeit vor 83,6 bis 72 Millionen Jahren und trug an jeder Hand zwei Finger, wie die Paläontologen berichten.
Im Schlaf begraben
Das Besondere an dem Fossil: Es hat den kleinen Dinosaurier versunken in tiefem Schlaf konserviert. Kubo und seine Kollegen gehen davon aus, dass Jaculinykus einst von einer Schlammlawine oder einem Sandsturm überrascht und begraben wurde, als er gerade schlief. Auf diese Weise blieb seine Schlafposition bis heute detailliert erhalten.
Damit liefert dieser Fund wertvolle Einblicke darin, in welcher Körperhaltung der Dinosaurier ruhte. „Der Hals wölbt sich auf der rechten Körperseite nach hinten, sodass der Schädel oberhalb des rechten Knies liegt. Der größte Teil des Schwanzes liegt auf der linken Seite des Körpers und biegt sich um die gebeugten Hintergliedmaßen nach rechts, um dann nach vorne unter den Schädel zu wandern“, beschreiben Kubo und sein Team die Haltung von Jaculinykus.
Schlafhaltung ähnelt der heutiger Vögel
Mit seinem gebogenen Hals und Schwanz sowie den unter dem Becken gefalteten Hinterbeinen ähnelt die Schlafhaltung des kleinen Dinosauriers stark der von modernen Vögeln, wie die Paläontologen berichten. Auch heutige Gänse oder Schwäne schlafen, indem sie ihren Hals biegen und den Kopf ins Gefieder stecken. Diese Position hilft ihnen dabei, sich im Schlaf warmzuhalten.
Dass auch Jaculinykus ähnlich schlief und gleichzeitig verhältnismäßig klein war, könnte den Forschenden zufolge darauf hindeuten, dass auch ihn diese Schlafhaltung einst warmhielt. Die Ähnlichkeit zu schlafenden Vögeln könnte außerdem bedeuten, dass Alvarezsauriden auch sonst modernen Vögeln ähnlicher waren als bislang angenommen. Es wäre zum Beispiel denkbar, dass diese Dinosaurier statt eines Federflaums bereits komplexe Federn mit ausgeprägtem Schaft besaßen, berichten Kubo und seine Kollegen.
Jaculinykus ist der insgesamt dritte zweibeinige Dinosaurier, bei dem eine vogelähnliche Schlafhaltung nachgewiesen wurde. Bei den anderen beiden handelt es sich um den 130 Millionen Jahre alten Mei long und den 125 Millionen Jahre alten Sinornthoides youngi. (PLoS ONE, 2023; doi: 10.1371/journal.pone.0293801)
Quelle: PLoS ONE