Interne Heizung: Zwei der drei großen Dinosauriergruppen könnten schon vor 180 Millionen Jahren warmblütig gewesen sein, wie Paläontologen ermittelt haben. Denn Vogelbeckensaurier und theropode Raubdinosaurier entwickelten damals immer mehr Spezies, die bis in die kälteren Regionen der Erde vordrangen. Auslöser könnte ein Klimaumschwung gewesen sein, durch den das Klima variabler und unbeständiger wurde – und der eine aktive Thermoregulation erforderte, wie das Team in „Current Biology“ berichtet.
Lange galten die Dinosaurier als wechselwarme Geschöpfe, die vor allem den Tropengürtel des Urkontinents Pangäa besiedelten und ähnlich wie viele heutige Reptilien auf Wärme angewiesen waren. Doch dieses Bild hat sich gewandelt: Analysen fossiler Knochen und Zähne belegen, dass zumindest einige Dinosaurier-Gruppen selbst bei Kälte eine hohe Körpertemperatur aufrechterhalten konnten, darunter viele Raubdinosaurier aus der Gruppe der Theropoden. Zahlreiche Funde von Dinofossilien in der Arktis belegen zudem, dass einige Arten selbst in der Kälte und Dunkelheit des hohen Nordens lebten und nisteten.
Welche Dinos waren warmblütig?
Dennoch ist bisher strittig, ob die Dinosaurier wirklich schon warmblütig waren. Auch welche Dinosaurier diese Fähigkeit zur aktiven Thermoregulation entwickelten und wann, ist nicht eindeutig geklärt – je nach Studie gibt es dazu widersprüchliche Angaben. Deshalb hat ein Team um Alfio Alessandro Chiarenza von der Universität Vigo in Spanien und dem University College London dies noch einmal genauer untersucht.
Für ihre Studie gingen die Paläontologen der Frage nach, ob und wie stark das lokale Klima die Thermoregulation der verschiedenen Dinosauriergruppen beeinflusst haben könnte. Mithilfe von mehr als tausend Fossilien und ihren Fundorten, den Verwandtschaftsverhältnissen und der zeitlichen Entwicklung der verschiedenen Arten rekonstruierten sie die „adaptive klimatische Landschaft“ der Dinosaurier im Verlauf des Erdmittelalters.
Klimaumschwung veränderte Verbreitungsgebiete
Das Ergebnis: Während die frühen Dinosaurierformen noch auf Gebiete mit heißem, trockenem Klima beschränkt waren, änderte sich dies im Laufe der Zeit. „Unsere Analysen zeigen, dass sich etwa zur Zeit des Jenkyns-Ereignisses vor rund 183 Millionen Jahren bei den Haupt-Dinosauriergruppen unterschiedliche Klimapräferenzen entwickelten“, berichtet Chiarenza. Bei diesem Ereignis im frühen Jura wurde das Klima wärmer, aber auch variabler, Klimazonen verschoben sich. Als Folge starben viele Pflanzen -und Tierarten aus.
Während dieses Aussterbe-Ereignis einige Dinosaurierarten auslöschte, bot es anderen offenbar die Chance, neue Nischen zu besetzen und sich in andere Regionen auszubreiten, wie die Paläontologen ermittelten. So besiedelten viele pflanzenfressende Vogelbeckensaurier wie Entenschnabelsaurier, die Stegosauriden und die Ceratopsier nun auch kältere Gebiete. Auch einige theropode Raubsaurier, darunter die Coeluriden und die Vorfahren der Urvögel drangen damals bis in kühlere und stärker saisonal geprägte Klimazonen vor.
Machte erst Endothermie dies möglich?
Nach Ansicht von Chiarenza und seinen Kollegen könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass diese beiden Dinosauriergruppen schon eine Form der Warmblütigkeit und damit der aktiven Thermoregulation entwickelt hatten. „Die vielleicht als Folge dieser Umweltkrise entwickelte Endothermie könnte es den Theropoden und Ornithischia ermöglicht haben, in kälteren Umgebungen zu überleben“, sagt Chiarenza.
Dazu passen auch fossile Indizien für eine Warmblütigkeit, wie spezielle Wachstumsmuster der Knochen und die von vielen Raubdinosauriern ausgebildeten Protofedern und Federn. Diese könnten ihre warmblütigen Träger gegen die Umgebungskälte geschützt haben. „Auch die Thermoregulation der Vögel könnte ihren Ursprung in dieser Phase des frühen Jura gehabt haben, denn sie gingen aus den Theropoden hervor“, sagt Koautorin Sara Varela von der Universität von Vigo.
Sauropoden: Anpassung durch Gigantismus
Bleibt die dritte Hauptgruppe der Dinosaurier: die Sauropoden. Auch diese langhalsigen Pflanzenfresser begannen sich vor rund 183 Millionen zu verändern, wie die Paläontologen feststellten. Allerdings blieben die Sauropoden größtenteils in den wärmeren Klimazonen Pangäas und behielten ihre Präferenz für Temperauren zwischen 23 und knapp 25,5 Grad bei. Sie waren daher wahrscheinlich nicht warmblütig, so das Team.
Dafür entwickelten die Sauropoden immer gigantischere Ausmaße, die sie auch in ihren eigentlich warmen Regionen gegen die häufiger werdenden Klimaschwankungen schützten. „Durch ihre im Verhältnis zum Volumen geringere Oberfläche verloren sie weniger Wärme und konnten daher auch in kühleren Phasen länger aktiv bleiben“, erklärt Varela.
Enge Verzahnung von Klima, Nischen und Thermoregulation
Nach Ansicht von Chiarenza und seinen Kollegen sprechen diese Ergebnisse dafür, dass sich die Warmblütigkeit bei den Dinosauriern schon im frühen Jura entwickelt hat – in enger Verbindung zu den damaligen Klimaumschwüngen oder vielleicht sogar noch davor. Denn 2022 fand ein anderes Forschungsteam Hinweise heraus, dass einige Dinosaurier auch schon gegen Ende der Trias in kälteren polaren Gebieten lebten.
In jedem Fall deutet einiges darauf hin, dass Klimaveränderungen und Evolution der Dinosaurier eng miteinander verknüpft waren. „Die Ausbreitung in klimatische Nischen spielte wahrscheinlich eine entscheidende Rolle für die Ausprägung der ökologischen Vielfalt, die biogeografische Geschichte und den Erfolg dieser Dinosauriergruppen“, konstatieren Chiarenza und sein Team. (Current Biology, 2024; doi: 10.1016/j.cub.2024.04.051)
Quelle: University College London