Das Immunsystem hat eine raffinierte Abwehrmethode entwickelt, um sich bei entzündlichen Darmerkrankungen gegen Bakterien zu wehren: Weiße Blutzellen schleudern Fangnetze aus DNA und Proteinen aus, die die Keime einfangen und an der Ausbreitung hindern. Das berichten Schweizer Forscher jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Medicine“.
Entzündliche Darmerkrankungen gehen häufig mit einer Schädigung der Schleimhaut einher. Diese ist dann ungeschützt dem Eindringen von Bakterien ausgeliefert. Die Ausbreitung der Bakterien kann dann m schlimmsten Fall eine tödlich verlaufende Blutvergiftung verursachen. Doch in den meisten Fällen verlaufen die Infektionen glimpflich – aber warum?
Fangnetze gegen krankmachende Keime
Ein Wissenschaftlerteam der Universität Bern unter Leitung des Pharmakologen Hans-Uwe Simon hat dies nun herausgefunden. Die Forscher stellten fest, dass bestimmte weiße Blutzellen Fangnetze aus DNS und toxischen Proteinen ausschleudern, mit denen Bakterien gebunden und danach abgetötet werden können. Es handelt sich dabei um so genannte eosinophile Granulozyten, Zellen des Immunsystems, deren Bedeutung bis heute noch wenig bekannt ist.
Funktion der Abwehrzellen aufgedeckt
Eine erhöhte Zahl dieser Zellen im Blut lässt normalerweise entweder eine Allergie oder eine Infektion mit Parasiten vermuten. „Eosinophile haben mehrere zelluläre Funktionen. Die antibakterielle Funktion mit Hilfe der DNS- Schleuder ist neu“, erklärt Simon. Die neuen Resultate demonstrieren, dass eosinophile Granulozyten unter normalen Bedingungen im Darm offenbar als Abwehrmechanismus dienen.
Werden sie aktiviert, schleudern sie die DNS wie eine Kanone aus. Dieser Prozess läuft in weniger als einer Sekunde ab. Die freigesetzte DNS stammt nicht aus dem Zellkern, wo unsere Erbsubstanz lokalisiert ist, wie die Forscher feststellten, sondern aus den Mitochondrien, die für die Bereitstellung von Energie verantwortlich sind. „Gesunde Zellen können keine DNS aus dem Zellkern freisetzen“, so Simon. Spannend sind die neuen Erkenntnisse unter anderem auch deshalb, weil eosinophile Granulozyten als vielversprechende Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer Arzneimittel gelten.
(Universität Bern, 13.08.2008 – NPO)