Genetik

DNA klärt Rätsel der „Drachen“

Erbgut der Komodowarane erklärt ungewöhnliche Fähigkeiten dieser Echsen

KOmodowaran
Komodowarane besitzen viele für Reptilien außergewöhnliche Fähigkeitne – ihr Genom erklärt nun, warum. © Guenterguni/ iStock.com

Erben der Drachen: Forscher haben erstmals das Genom der Komodowarane entschlüsselt – der größten Echsen der Gegenwart. Die Genanalysen enthüllen unter anderem, warum diese modernen Drachen eine für Reptilien ungewöhnliche Ausdauer besitzen. Und sie verraten, warum die Komodowarane ihre Beute noch bis in zehn Kilometer Entfernung erschnüffeln können.

Sie sind die Könige der Reptilienwelt: Mit drei Metern Länge und einem Körpergewicht von bis zu 70 Kilogramm sind die Komodowarane die größten Echsen der Welt. Und nicht nur das: Dank ihrer Ausdauer, Kraft und messerscharfen Zähne sind diese Echsen die Top-Prädatoren ihrer Ökosysteme. Adulte Komodowarane können sogar noch Beutetiere erlegen, die doppelt so groß sind wie sie selbst.

Schnell, ausdauernd und feinsinnig

Doch es gibt noch weitere Besonderheiten dieser „Drachen“: Sie können bis zu 20 Stundenkilometer schnell rennen und so selbst flüchtende Hirsche einholen. Gleichzeitig halten sie dieses Tempo überraschend lange durch – ihre Ausdauer übertrifft die aller anderen Echsen bei weitem. Möglich wird dies durch ein Herz-Kreislaufsystem und einen Stoffwechsel, die außergewöhnlich säugetierähnlich sind.

„Warane sind einzigartig unter den ektothermen Reptilien, weil sie eine hohe aerobe Kapazität besitzen und eine Herz-Kreislauf-Physiologie, die der von endothermen Tieren nahekommt“, erklären Abigail Lind von den Gladstone Institutes in San Francisco und ihre Kollegen. Ebenfalls außergewöhnlich ist der Geruchssinn der Komodowarane: Sie können den Duft ihrer verletzten oder toten Beute noch über mehrere Kilometer Entfernung hinweg riechen und verfolgen.

Auffallende Genveränderungen

Was aber steckt hinter diesen einzigartigen Fähigkeiten der Komodowarane? Und warum haben unter allen Reptilien nur sie sie entwickelt? Um das herauszufinden, haben Lind und ihr Team nun erstmals das komplette Genom der Komodowarane sequenziert und analysiert. Sie nutzten dafür die Blutproben eines im Zoo von Atlanta lebenden Waranpaares. „Das Spannende an diesem Projekt war, dass wir absolut nicht wussten, was wir erwarten sollten“, sagt Linds Kollege Benoit Bruneau.

Das Ergebnis: Die Genanalysen enthüllten, dass die modernen Drachen auch genetisch durchaus außergewöhnlich sind. Denn im Vergleich zu anderen Reptilien sind bei ihnen einige Gengruppen auffallend erweitert. Dazu gehören unter anderem die Gene, die die Funktion der Mitochondrien, der „Kraftwerke der Zellen“ kontrollieren, wie die Forscher berichten. Aber auch die Blutgerinnung, der Fettstoffwechsel und der Geruchssinn sind bei diesen Echsen genetisch modifiziert.

Bessere Mitochondrien und optimierter Blutdruck

„Viele der Gene, die an der Energieproduktion und -nutzung der Zellen beteiligt sind, haben sich bei den Komodowaranen rapide verändert – und dies auf eine Weise, die die aerobe Leistungsfähigkeit dieser Echsen erhöht“, berichtet Lind. Demnach erlebten die Komodowarane im Laufe ihrer Evolution eine Selektion in mehreren Genen, die die Mitochondrienproduktion, die Zellatmung und die Fähigkeit, einen hohen Stoffwechsel aufrechtzuerhalten, beeinflussen.

„Diese Veränderungen sind wahrscheinlich der Schlüssel zu den fast säugetierähnlichen Fähigkeiten der Komodowarane“, sagt Lind. Zudem tragen diese Echsen ein Gen, das zwei für die Herzfunktion wichtige Botenstoffe kodiert. Dieses Angiotensinogen trägt bei Säugetieren dazu bei, den arteriellen Blutdruck und die Verteilung des ausgepumpten Blutes zu optimieren.

Die Forscher vermuten, dass dieses Gen die Komodowarane dazu befähigt, ihren Blutdruck und ihre Herzleistung schnell und anhaltend zu steigern. „Das könnte die Jagd und die langen Perioden intensiver Bewegung beim Schwimmen von Insel zu Insel oder im Kampf zwischen den Männchen ermöglichen“, so Lind und ihre Kollegen.

„Supernase“ wie die Schlangen

Und noch etwas enthüllten die DNA-Analysen: Auch der ungewöhnlich feine Geruchssinn der Komodowarane hat eine deutliche genetische Basis. Denn im Erbgut der Drachen gibt es mehr als 150 Kopien einer bestimmten Klasse von Riechgenen. Sie kodieren Rezeptoren im Vomeronasal-Organ, dem Gewebe, das bei Reptilien und Säugetieren die Wahrnehmung von Gerüchen ermöglicht.

Bei den Waranen sind einige dieser Gene auf unter Reptilien einzigartige Weise verstärkt. Andere Genvarianten finden sich dagegen auch bei anderen „Supernasen“ wie den Schlangen. „Es wird interessant sein festzustellen, ob dies die Fähigkeit der Komodowarane erklärt, ihre Beute über so große Distanzen hinweg zu riechen“, sagt Bruneau.

Die Bedeutung dieser Studie geht aber weit über die Komodowarane hinaus“, beton Koautor Joseph Mendelson vom Georgia Institute of Technology. „Denn sie gibt uns einen Vergleichswert auch für andere sequenzierte Tier. Und das hilft uns zu verstehen, auf welcher genetischen Basis sich alle ihre Merkmale entwickelt haben.“ (Nature Ecology & Evolution, 2019; doi: 10.1038/s41559-019-0945-8)

Quelle: Gladstone Institutes

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