Evolution

DNA übersteht Weltraumflug

Raketen-Experiment macht Meteoriten als Lebensbringer noch wahrscheinlicher

Brachte der Einschlag von Kometen und Meteoriten die Lebensbausteine auf die Erde? © NASA

Kam das Leben aus dem All? Wie sich jetzt zeigt, ist das zumindest nicht ausgeschlossen. Denn das Erbmolekül DNA übersteht Flug durch den freien Weltraum und sogar den Wiedereintritt in die Atmosphäre – und das völlig ungeschützt an der Außenhaut einer Rakete. Nach diesem Flug konnte das kleine doppelsträngige Plasmid sogar noch Erbinformationen an Bakterien übertragen, wie die Forscher im Fachmagazin „PLoS ONE“ berichten.

Eigentlich ging es bei der TEXUS-49-Mission darum, den Einfluss der Schwerkraft auf menschliche Zellen zu untersuchen – ganz normal im Inneren einer Forschungsrakete. Doch Cora Thiel und Oliver Ullrich von der Universität Zürich kamen spontan auf die Idee, ein zweites kleines Experiment zu starten: Sie wollten wissen, wie gut das Erbmolekül DNA die harten Bedingungen eines Weltraumfluges übersteht, wenn es nicht innen, sondern außen an der Rakete klebt.

Plasmidringe an der Außenhaut

Das Experiment mit dem Namen DARE (DNA atmospheric re-entry experiment) war geboren. Die Forscher trugen dafür mit Pipetten eine Lösung ringförmiger Moleküle aus doppelsträngiger DNA auf die Außenhaut der Forschungsrakete auf. Diese startete von der europäischen Raketenstation Esrange in Kiruna und flog bis in 268 Kilometer Höhe. Nach 20 Minuten landete der Container mit der Nutzlast am Fallschirm wieder auf der Erde.

Cora Thiel birgt DNA-Proben von der Außenseite der Rakete © Adrian Mettauer

Als die Forscher die Außenhaut des Containers nach ihren DNA-Proben absuchten, erlebten sie eine Überraschung: Ein Großteil der kleinen Plasmide hatten den Weltraumflug offenbar unbeschadet überstanden – trotz Vakuum und Hitze von bis zu 130°C beim Wiedereintritt. An allen aufgetragenen Stellen fanden die Wissenschaftler die DNA wieder, vor allem aber im hinteren, geschützteren Bereich. „Wir waren völlig überrascht, soviel intakte und funktionell aktive DNA wiederzufinden“, sagt Thiel. In den Kerben von Schrauben war noch 53 Prozent der Plasmide erhalten, an exponierteren Stellen etwas weniger.

Nach Weltraumflug noch funktionsfähig

Und das ist noch nicht alles: Um zu testen, ob die weit gereisten Plasmide noch funktionsfähig waren, gaben die Forscher sie in Kulturen mit Bakterien und mit Bindegewebszellen. Einige der Plasmide trugen Gene für fluoreszierende Proteine in sich, andere Resistenzgene gegen Antibiotika. Nach kurzer Zeit zeigte sich, dass die lebenden Zellen DNA von diesen Plasmiden aufgenommen hatten: Die Bakterien hatten die Resistenzen übernommen, die Bindegewebszellen begannen zu leuchten. Bis zu 35 Prozent der „Weltraum-DNA“ hatte demnach ihre Funktion behalten, wie die Forscher berichten.

„Diese Studie belegt experimentell, dass die genetische Information der DNA grundsätzlich die extremen Bedingungen des Weltraumes und des Eintritts in die dichte Atmosphäre der Erde überstehen kann“, sagt Studienleiter Oliver Ullrich von der Universität Zürich.

Start der TEXUS-49-Rakete von der europäischen Raketenstation Esrange in Kiruna © Adrian Mettauer

Meteoriten als Lebensbringer?

Schon länger gibt es die Vermutung, dass Kometen und Meteoriten nicht nur Wasser auf die frühe Erde brachten, sondern möglicherweise auch Bausteine des Lebens – Biomoleküle, aus denen sich dann die ersten Zellen entwickelten. Die Ergebnisse dieses Tests belegen nun, dass ein solcher extraterrestrischer Import durchaus möglich und sogar wahrscheinlich ist. Immerhin gelangen jeden Tag rund 100 Tonnen Material aus dem Weltraum auf die Erde, durch Staub, Mikrometeoriten und größere Brocken, die in die Erdatmosphäre eindringen.

Wichtig sind die neuen Erkenntnisse aber auch für die Raumfahrt: „Das Ergebnis zeigt, dass es gar nicht unwahrscheinlich ist, dass trotz aller Vorsichtsmaßnahmen Raumfahrzeuge auch DNA irdischen Ursprunges an ihre Landestelle mitbringen können“, sagt Ulrich. „Das muss man im Griff haben, wenn man nach Leben außerhalb der Erde sucht.“ (PloS ONE, 2014; doi: 10.1371/journal.pone.0112979)

(Universität Zürich, 27.11.2014 – NPO)

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