Glibbrige Dominanz: Dem Nordpolarmeer könnte eine schleichende „Verquallung“ drohen, warnen Meeresforscher. Denn durch den Klimawandel breiten sich viele Quallenarten nordwärts aus – darunter auch die räuberische Feuerqualle. Datengestützte Simulationen zeigen, dass dies die Lebenswelt im Arktischen Ozean dramatisch verändern könnte. Denn für den Dorsch und andere Fischarten des hohen Nordens sind die Quallen eine meist überlegene Konkurrenz, wie die Forschenden berichten.
Quallen sind echte Anpassungskünstler: Sie profitieren oft gerade dann, wenn die Meereswelt durch Erwärmung, Überdüngung oder Überfischung aus dem Gleichgewicht gerät. Dadurch gibt es immer häufiger Massenvermehrungen von Quallen in verschiedenen Meeresgebieten. In der Ostsee hat die Erwärmung des Meeres bereits zur rasanten Ausbreitung der invasiven Rippenqualle Mnemiopsis leidyi geführt, die als gefürchteter „Fischkiller“ gilt. Auch die nordamerikanische Quallenart Blackfordia virginica breitet sich dort zurzeit aus.

Fische haben gegen Quallen kaum eine Chance
Das Problem: Quallen setzen sich oft so erfolgreich durch, dass sich ganze Nahrungsnetze im Ozean verschieben – es droht eine „Verquallung“ der Meere. Vor allem Fische haben dann das Nachsehen: “ Die Nesseltiere können sich oft gegen Nahrungskonkurrenten wie Fische durchsetzen. Das hat dann wiederum Folgen für das ganze Nahrungsnetz“, erklärt Erstautor Dmitrii Pantiukhin vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI). „Viele Quallen ernähren sich zudem von Fischlarven und Eiern und verzögern oder verhindern so eine Erholung von unter Druck geratenen Fischpopulationen.“
Diese drohende Dominanz der Quallen wäre vor allem für das ohnehin sensible Ökosystem des Arktischen Ozeans eine massive Bedrohung. Denn das Nordpolarmeer erwärmt sich rund viermal schneller als der globale Durchschnitt und ist zusätzlich durch schwindendes Meereis, zunehmende Schichtung und veränderte Strömungsmuster belastet. Deshalb haben Pantiukhin und seine AWI-Kollegen untersucht, welche Quallenarten das Potenzial zur Ausbreitung in den Arktischen Ozean haben.