Medizin

E-Zigaretten sind nicht immer gleich schädlich

Gerätetyp und Nutzungsverhalten beeinflussen die Schadstoffkonzentration im Nikotinnebel

E-Zigaretten: Nicht jeder Zug ist gleich schädlich. © Patrisyu/ iStock.com

Der letzte Zug ist der giftigste: Wie schädlich der Dampf einer E-Zigarette ist, unterscheidet sich von Situation zu Situation. Forscher haben nachgewiesen, dass die ersten Züge deutlich weniger Giftstoffe enthalten als spätere. Denn die Konzentration ungesunder Substanzen steigt mit der zunächst langsam zunehmenden Temperatur im Verdampfer an. Doch nicht nur das: Auch der Gerätetyp, die Betriebsspannung sowie das Alter der Zigarette beeinflussen das Gefahrenpotenzial erheblich.

Elektronische Zigaretten werden immer beliebter, denn die Verdampfer gelten als gesündere Alternative zur herkömmlichen Zigarette. Anstatt Tabak zu verbrennen, erzeugen sie nikotinhaltigen Dampf aus einer Flüssigkeit. Der Vorteil dabei: Es entsteht kein Teer und weniger von den weiteren, bei normalen Glimmstängeln anfallenden Schadstoffen. Zudem zeigen Studien, dass die Verdampfer beim Aufhören helfen können.

Doch wirklich gesund sind E-Zigaretten trotzdem nicht. Wie Untersuchungen belegen, enthält ihr Dampf potenziell schädliche Substanzen wie Aldehyde und freie Radikale – wenn auch nicht in so großen Mengen wie Tabakrauch. Forscher um Mohamad Sleiman vom Berkeley National Laboratory haben nun erneut das Gefahrenpotenzial der Verdampfer unter die Lupe genommen. Dabei konnten sie nicht nur die Quelle der giftigen Stoffe ausmachen, sondern zudem zeigen: Wie schädlich das Rauchen ist, hängt auch vom Gerätetyp ab und davon, wie man die E-Zigarette benutzt.

Lösungsmittel als Schadstoffquelle

Die Wissenschaftler simulierten für ihre Studie das „Dampfen“ mithilfe von drei handelsüblichen Flüssigkeiten, die sie in zwei unterschiedliche E-Zigaretten füllten – eine günstige Variante mit einer Heizspirale und eine teurere mit zwei Spiralen. Sie untersuchten dann, welche giftigen Stoffe die Ausdünstungen der Verdampfer enthielten.

Bei ihren Analysen identifizierten Sleiman und seine Kollegen insgesamt 31 potenziell schädliche Substanzen – darunter Formaldehyd und Acrolein sowie Glycidol und Propylenoxid, zwei als wahrscheinlich karzinogen geltende Stoffe, die noch nie zuvor in E-Zigaretten-Dampf entdeckt wurden. Wie die Forscher belegen konnten, entstehen all diese Substanzen durch eine Reaktion des in den Flüssigkeiten enthaltenen Lösungsmittels.

Diese Mischung aus Propylenglycol und Glycerin wird in fast allen im Handel erhältlichen E-Flüssigkeiten verwendet. „Die schädlichen Emissionen dürften deshalb immer entstehen, wenn E-Zigaretten-Dampf zugegen ist – unabhängig von der verwendeten Flüssigkeit“, schreibt das Team.

Die Konzentration potenziell schädlicher Stoffe im Dampf steigt mit der Betriebsspannung. © American Chemical Society

Die Temperatur macht den Unterschied

Die Konzentration der toxischen Stoffe im Dampf schwankt jedoch erheblich, wie die Experimente der Wissenschaftler zeigten. Entscheidend ist unter anderem, zum wievielten Mal man an der Zigarette zieht. Denn die Zigarette wird zunächst nur langsam heiß und erreicht ihre maximale Temperatur erst nach etwa dem zwanzigsten Zug – und mit der Hitze nehmen die Emissionen zu.

So stieg die Konzentration der potenziell giftigen Substanzen zwischen den ersten Zügen und denen bei Maximaltemperatur in manchen Fällen um das Zehnfache oder sogar mehr an. Für den Reizstoff Acrolein etwa maßen die Forscher für eine bei 3,8 Volt betriebene Single-Coil Zigarette eine Konzentration von 0,46 Mikrogramm pro Zug während der ersten fünf Züge. Nachdem die Zigarette ihre Betriebstemperatur erreicht hatte, stieg dieser Wert auf 8,7 Mikrogramm.

Wie zu erwarten, beeinflussten höhere Spannungen die Konzentration der Schadstoffe auf vergleichbare Weise. Bei vielen E-Zigaretten können Raucher diesen Parameter selbst einstellen und nach Bedarf regulieren. Mit zunehmender Spannung steigt dabei nicht nur die Menge des inhalierten Dampfes, sondern auch seine Temperatur.

Mehr toxische Stoffe durch alte Verdampfer

Interessant dabei: Unter denselben Bedingungen waren die Emissionen bei einer E-Zigarette mit zwei Heizspiralen insgesamt deutlich niedriger als bei einer Zigarette mit nur einer Spirale: „Das könnte daran liegen, dass bei diesen Zigaretten die Temperatur an der einzelnen Spirale geringer ist“, sagt das Team.

Doch nicht nur Gerätetyp, Spannung und Temperatur entscheiden, wie schädlich ein Zug unter Umständen ist. Auch das Alter des Verdampfers spielt eine Rolle. Um diesen Effekt zu testen, nutzten die Forscher eine E-Zigarette für neun aufeinander folgende Durchgänge mit jeweils 50 Zügen – ohne ihren Verdampfer zu reinigen oder auszutauschen. Es zeigte sich: Je länger die Zigarette in Gebrauch war, desto mehr schädliche Inhaltsstoffe enthielt der Dampf.

„In einigen Fällen sahen wir, dass Aldehyd-Konzentrationen zwischen Durchgang eins und neun um 60 Prozent stiegen“, sagt Sleiman. Wie aber kommt es dazu? Den Wissenschaftlern zufolge lagern sich mit der Zeit Rückstände der Verdampfflüssigkeit auf oder in der Nähe der Spirale ab. „Werden diese Reste erhitzt, ergibt sich damit eine zweite Entstehungsquelle für flüchtige Schadstoffe.“

Patent für weniger schädliche E-Zigaretten?

Den Forschern zufolge verdeutlichen ihre Ergebnisse erneut, dass auch das Rauchen von E-Zigaretten nicht ohne Risiken ist. Sie betonen: Auch bei geringen Spannungen und Temperaturen sei das Dampfen nicht gesund und belaste den Raucher mit toxischen Chemikalien. „Wir haben schließlich bei unseren Tests bei jeder Temperatur schädliche Substanzen nachweisen können.“ Zu verstehen, wodurch diese Stoffe entstehen, könne Herstellern nun jedoch dabei helfen, weniger schädliche E-Zigaretten zu produzieren, schließen sie. (Environmental Science & Technology, 2016; doi: 10.1021/acs.est.6b01741)

(American Chemical Society/ DOE/ Lawrence Berkeley National Laboratory, 28.07.2016 – DAL)

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