Die sogenannten Ego-Shooter-Spiele haben keinen sehr guten Ruf: Diese Computerspiele sollen Aggressionen und unkontrolliertes, antisoziales Verhalten fördern. Doch die Schießspiele haben durchaus auch positive Effekte: Sie stärken das Kurzzeitgedächtnis und damit quasi den Arbeitsspeicher unseres Gehirns, wie niederländische Forscher in einem Experiment herausfanden. Probanden, die regelmäßig Ego-Shooter spielten, schnitten in Gedächtnistests deutlich besser ab als Nichtspieler, wie die Forscher im Fachmagazin „Psychological Research“ berichten.
Ego-Shooter sind spätestens nach Amokläufen von Schülern wie an der Columbine High School im Jahr 1999 in Verruf geraten. Denn in vielen Fällen waren die Amokläufer sozial isoliert und spielten exzessiv gewaltreiche Videospiele. Seither haben mehrere Studien negative Wirkungen dieser Spiele auf das Verhalten von Jugendlichen nachgewiesen. So erhöhen diese Computerspiele beispielsweise die Aggressionsbereitschaft, soll vor allem nächtliches Spielen depressiv machen, und aggressives, antisoziales Verhalten festigen. „Wir haben uns aber gefragt, ob es nicht auf positive Effekte solcher Videospiele gibt“, erklären Lorenza Colzato von der Universität Leiden und ihre Kollegen.
Immerhin erfordert die neue Generation von Ego-Shootern meist mehr als nur wildes Herumballern. In den Games müssen die Spieler beispielsweise genau beobachten, schnell auf visuelle und akustische Reize reagieren und sich oft auch Orte, Wege oder Dinge merken. Ausgehend von dieser Beobachtung haben die Forscher daher nun untersucht, ob diese Spiele möglicherweise dazu beitragen, unser Gedächtnis zu stärken und zu verbessern – quasi als Gedächtnistrainer mit Game-Charakter.
Buchstabenfolgen als Gedächtnistest
Für ihre Studie verglichen die Forscher das Kurzzeitgedächtnis von Probanden, die mindestens fünf Stunden in der Woche Ego-Shooter spielten mit dem von Nichtspielern. In einem der Tests sahen die Probanden beispielsweise auf einem Bildschirm eine Abfolge von Buchstaben, die nacheinander eingeblendet wurden. Sie sollten dabei angeben, ob der betreffende Buchstabe ein paar Schritte zuvor schon einmal erschienen war oder nicht.
Wie sich zeigte, schnitten dabei die Spieler signifikant besser ab als die Nichtspieler. Ihnen fiel es deutlich leichter, sich an zurückliegende Buchstaben zu erinnern. „Wir denken, dass Videospiele unser Gehirn darin trainieren, neue Informationen flexibler und effektiver aufzunehmen“, erklärt Colzato. Das wiederum stärke die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses. Insofern könne man diese Computerspiele durchaus als eine Art Gedächtnistrainer betrachten. (Psychological Research , 2013; doi: 10.1007/s00426-012-0415-2)
(Universität Leiden, 19.04.2013 – NPO)