Marines Aschegrab: In Marokko haben Paläontologen ein prähistorisches Pompeji der Trilobiten entdeckt. Vor über 500 Millionen Jahren begrub dort ein vulkanischer Strom aus Asche und glühenden Gasen die krebsähnlichen Gliederfüßer unter sich und konservierte sie dadurch samt inneren Weichteilen für die Nachwelt. Das erlaubte es den Wissenschaftlern nun, einige neue Details über die Anatomie der urzeitlichen Meeresbewohner in Erfahrung zu bringen, wie das Team in „Science“ berichtet.
Für einen Großteil des Erdaltertums beherrschten Trilobiten die Weltmeere. Mehr als 20.000 Spezies dieser krebsähnlichen Gliederfüßer wurden bereits entdeckt. Häufig ist jedoch lediglich ihr hartes Exoskelett erhalten, was Rückschlüsse auf ihre Lebensweise erschwert. Nur ganz selten finden Paläontologen auch Trilobiten-Fossilien mit versteinerten Weichteilen wie inneren Organen oder fossilem Mageninhalt.
Ein prähistorisches Pompeji
Einen wahren Jackpot an Trilobiten-Fossilien haben nun Forschende um Abderrazak El Albani von der französischen Universität Poitiers geknackt. In der Tatelt-Formation in Marokko sind sie auf mehrere Exemplare gestoßen, die vor 510 bis 505 Millionen Jahren im Flachwasser eines Urmeeres von einem Vulkanausbruch überrascht wurden. Ein pyroklastischer Strom aus Asche und glühenden Gasen hüllte die Gliederfüßer ein und konservierte sie unter 30 Zentimeter dicken Ascheablagerungen für die Nachwelt.
Dabei ist eine Art prähistorisches Pompeji entstanden, das die Trilobiten in jenen Positionen verewigt hat, die sie zum Zeitpunkt des Geschehens eingenommen hatten. Manche sind halb eingerollt, während andere von den Wasserverwirbelungen des Impakts auf den Rücken gedreht wurden. Die feine, umhüllende Ascheschicht bewahrte sie jeweils vor der Zersetzung und ermöglichte selbst die Fossilisierung von Weichteilen.
Neue anatomische Details entdeckt
Zwei der neu entdeckten Trilobiten-Exemplare haben El Albani und seine Kollegen genauer untersucht: einen Trilobiten der Art Gigoutella mauretanica und einen Protolenus (Hupeolenus) hupei. Um diesen Gliederfüßern auch unter den Panzer schauen zu können, arbeiteten die Paläontologen mit mikrotomographischen Röntgenaufnahmen, die auch das dreidimensionale Innenleben der Gliederfüßer sichtbar machten.
Als besonders gut erhalten stellte sich dabei das Verdauungssystem von Protolenus heraus. Es beinhaltete sogar ein Paar nach vorn gerichteter Verdauungsdrüsen, über deren Existenz bislang nur intensiv spekuliert worden war. Außerdem konnten El Albani und sein Team im Magen-Darmtrakt des Tieres Aschereste nachweisen, die es einst wahrscheinlich kurz vor seinem Tod zusammen mit dem umgebenden Wasser aufgenommen hatte. Bei Gigoutella mauretanica wiederum erfuhren die Paläontologen mehr über die genaue Anatomie seiner Mundwerkzeuge, vor allem über die „Oberlippe“ des Tieres.
„Obwohl die Weichkörperanatomie von Trilobiten seit über 100 Jahren bekannt ist, zeigen die Exemplare von Tatelt wichtige Details, die bisher nicht beobachtet wurden“, fassen El Albani und seine Kollegen zusammen. (Science, 2024; doi: 10.1126/science.adl4540)
Quelle: American Association for the Advancement of Science (AAAS), Science