Letzte Rettung: Forscher wollen die Vielfalt des menschlichen Mikrobioms retten. Sie fordern eine „Arche Noah“ in Form einer Biobank, die unsere nützlichen Mitbewohner für kommende Generationen bewahren soll. Der Grund: Gerade bei Menschen aus Industrienationen verarmen die auf und im Körper lebenden Mikrobengemeinschaften zunehmend – mit negativen Folgen für die Gesundheit.
Für Pflanzensamen und bedrohte Tierarten gibt es sie schon: eine Art Arche Noah. In Gendatenbanken wie der „Frozen Ark“ wird das Erbgut gefährdeter Spezies bewahrt – von der Säbelantilope bis zur Feldgrille. Und im arktischen Eis auf Spitzbergen lagern Saatkörner von Weizen, Reis und Co, um im Katastrophenfall die Nachzucht wichtiger Nahrungspflanzen zu ermöglichen.
Ein solches „Backup“ wollen Forscher nun auch für die Milliarden winziger Organismen erstellen, die den menschlichen Körper besiedeln. „Diese Mikroben haben sich Jahrtausende lang gemeinsam mit dem Menschen entwickelt: Sie helfen uns bei der Verdauung, stärken unser Immunsystem und schützen uns vor krankmachenden Keimen“, sagt Maria Dominguez-Bello von der Rutgers University in New Brunswick.
Zunehmend verarmt
Das Problem: Durch den Einsatz von Antibiotika, den Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel und andere Begleiterscheinungen moderner Gesellschaften verarmt das für unsere Gesundheit so wichtige Mikrobiom zunehmend. Viele Wissenschaftler bringen dieses Phänomen mit der Häufung von Krankheiten wie Adipositas, Diabetes und Allergien in Verbindung. „Deshalb müssen wir die Vielfalt des menschlichen Mikrobioms retten – solange dies überhaupt noch möglich ist“, konstatiert Dominguez-Bello.
Sie und ihre Kollegen schlagen vor, zu diesem Zweck Mikrobiom-Proben von ursprünglich und abgeschieden lebenden Bevölkerungsgruppen auf der ganzen Welt zu sammeln. Isolierte Jäger-und-Sammler-Völker im Amazonas beispielsweise sind von den Effekten der Industrialisierung noch weitgehend unbeeinflusst und beherbergen nachweislich eine größere Mikroben-Vielfalt als in modernen Gemeinschaften lebende Menschen.
„Bevor es zu spät ist“
Gelänge es, diese nützlichen Bakterien, Pilze, Archaeen und Phagen zu kultivieren und zu bewahren, könnte dies in Zukunft zur Vorbeugung zahlreicher Zivilisationskrankheiten beitragen, so die Hoffnung des Teams. Zwar wäre ein solches Unterfangen mit einigen Herausforderungen verbunden – von der Logistik bis zur Finanzierung. Doch dies dürfe kein Hindernisgrund sein, wie die Forscher betonen.
„Wir sind zukünftigen Generationen diese Mikroben schuldig, die den Menschen schon seit mindestens 200.000 Jahren der Evolution begleiten. Wir müssen beginnen, bevor es zu spät ist“, schließen sie. (Science, 2018; doi: 10.1126/science.aau8816)
(Rutgers University, 08.10.2018 – DAL)