Wahrscheinlich können wir schon bald einen Korallenschwund in den wärmsten Regionen erwarten. Denn schon einmal, in einer massiven Erwärmung inmitten einer Eiszeit, sorgte ein Klimawandel für massive Korallen-Verluste in den Tropen und eine Verschiebung der Riffe in kühlere Zonen. Das berichten Forscher des Museums für Naturkunde Berlin gemeinsam mit australischen Kollegen im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).
Riffkorallen leiden unter dem aktuellen Klimawandel. Der zunehmende Wärmestress führt zu vermindertem Wachstum und Korallenbleiche, dem Verlust von symbiontisch lebenden Algen im Korallengewebe. Schon jetzt ist ein Abwandern von Korallen in höhere Breiten zu beobachten, aber die Korallenriffe in Äquatornähe halten sich noch gut. Wie sich dieser Trend bei anhaltender Erwärmung fortsetzen könnte, haben Wolfgang Kießling vom Museum für Naturkunde Berlin gemeinsam mit Kollegen anhand eines Vorbilds aus der Vergangenheit untersucht.
Nur ein Grad mehr als heute
Vor rund 125.000 Jahren wurde eine Kaltzeit von einer massive globale Erwärmung unterbrochen. Damals stiegen die globalen Durchschnittstemperaturen auf Werte, die etwa ein Grad über den heutigen lagen. In versteinerten Korallen aus dieser Zeit fanden die Wissenschaftler nun Hinweise darauf, dass die Artenvielfalt der Korallen in den äquatorialen Meeren damals rasant abnahm. „Schon diese Erwärmung führte zu einer massiven Verschiebung der Korallenverbreitung im Vergleich zu heute“, führt Kießling aus. Resultat war eine Erhöhung der Korallendiversität in den Subtropen der Nordhalbkugel und ein massiver Rückgang in Äquatornähe.
Die damalige Warmzeit hatte natürliche Ursachen, hervorgerufen durch Schwankungen in der Umlaufbahn der Erde um die Sonne und eine erhöhte Einstrahlung, besonders auf der Nordhalbkugel. „Allein die Temperaturveränderungen kommen als Ursache für die Korallenkrise in
Betracht. Andere Faktoren, die heute noch zusätzlich die Korallen stressen, scheiden als Ursache aus“, so Kießling. Heute sind Riffkorallen zusätzlich mit regionalen Eingriffen und Ozeanversauerung konfrontiert. Die Schlussfolgerungen des deutsch-australischen Forscherteams: Die Verluste können noch wesentlich größer ausfallen. Nicht nur in Äquatornähe, sondern überall. (doi:10.1073/pnas.1214037110)
(Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, 11.12.2012 – NPO)