Biotechnologie

Eizellen und Spermien aus Stammzellen

Erstmals humane Keimzell-Vorläufer aus embryonalen Stammzellen im Labor gezüchtet

Embryonale Stammzellen gelten als die „Alleskönner“ unter den Zellen. Denn aus ihnen können sich verschiedenste Körpergewebe entwickeln. Jetzt ist es Wissenschaftlern erstmals gelungen, sogar Vorformen von Eizellen und Spermien zu züchten. Damit eröffnet sich die Möglichkeit eines Tages diese Keimzellen für therapeutisches Klonen oder die Reproduktion zu produzieren.

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Nach Ansicht von Behrouz Aflatoonian vom Zentrum für Stammzellforschung an der Universität von Sheffield in England könnten diese Forschungsergebnisse auch einige der praktischen und ethischen Probleme im Zusammenhang mit der Gewinnung von humanen so genannten primordialen Keimzellen (PGC), den Vorläuferzellen von Ei- und Spermienzellen, lösen.

„Die Mechanismen der Entwicklung menschlicher Primordialer Keimzellen und Gameten zu erforschen ist wichtig, um die Ursachen für Unfruchtbarkeit und die potenziell gefährlichen Auswirkungen von Umweltgiften auf die Fruchtbarkeit zu verstehen“, erklärt Aflatoonian. „Zur Zeit jedoch ist es sehr schwer, menschliche Proben dieser Zellen er erhalten, da sie nur in der frühen Entwicklung auftreten.“

Keimzell-Gene entdeckt

Studien mit enryonalen Stammzellen von Mäusen hatten bereits gezeigt, dass diese sich auch zu primordialen Keimzellen und zu Eizellen und Spermien differenzieren können. Aflatoonian wollte dies daher auch mit humanen Stammzellen versuchen. „Wir ließen die humanen Stammzellen bis zu einem kleinen Zellhaufen entwickeln, dem genannten embryoiden Körper. Diese testeten wir darauf, welche Genen in ihnen aktiv waren“, so der Forscher. „Innerhalb von zwei Wochen begann tatsächlich ein winziger Teil der embryonalen Zellen einige der Gene zu exprimieren, die in humanen primordialen Keimzellen gefunden werden. Einige Zellen produzierten sogar Proteine, die nur in reifenden Spermien auftreten. Das deutet daraufhin, dass auch menschliche Stammzellen die Fähigkeit haben, sich zu primordialen Keimzellen und frühen Gameten zu entwickeln, wie zuvor schon bei Mäusen gezeigt.“

Aflatoonian betont jedoch, dass es noch eine Menge Arbeit zu tun gibt, bevor das Versprechen dieser frühen Resultate in konkrete Realität und Anwendungen übertragen werden kann. „Embryoide Körper können sich in alle Arten von Geweben entwickeln, so dass wir gezielt die Zellen finden und auswählen müssen, die sich in Keimzellen entwickeln können und dann müssen wir herausfinden, wie wir bei ihnen die Entwicklung in Keimzellen fördern können.“

Hilfe gegen Unfruchtbarkeit?

“Funktionsfähige Gameten herzustellen ist erheblich schwieriger, weil wir für die Zellen in Kultur die Umgebungen entweder des Follikels für das Ei oder aber das Hodengewebe für das Spermium nachbauen müssen.“ Die Wissenschaftler wollen nun testen, ob die Stammzellen sich auch zu Zellen differenzieren können, die die Hormone für die Ei- und Spermienentwicklung produzieren. Immerhin zeigte sich, dass die embryoiden Körper in der Kultur in relativ kurzer Zeit spontan Gewebe und Zellen produzieren konnten, die die Ei- und Spermienentwicklung fördern.

Professor Harry Moore erklärt: “Diese Forschung könnte es uns erlauben, die frühesten Prozesse der Entwicklung menschlicher Gameten und Gonaden zu untersuchen. Viele Wissenschaftler glauben, dass Umweltgifte, die die hormonelle Steuerung dieser Prozesse in diesem Stadium stören für Unfruchtbarkeit, Missbildungen und wahrscheinlich auf Krebs verantwortlich sein könnten. Indem wir dies mithilfe der Stammzellen an sich differenzierenden Keimzellen im Labor testen, können wir die Wirkungen dieser Chemikalien erforschen.“

Langfristig könnte es sogar möglich sein, Eizellen und Spermien für den Einsatz bei der Behandlung der Unfruchtbarkeit zu erzeugen, glauben die Forscher. Es sei zwar noch ein langer Weg und sie müssten zunächst nachweisen, dass diese Verfahren keinen genetischen Mutationen hervorrufen, doch für einige Männer und Frauen sei dies möglicherweise der einzige Weg um Spermien und Eizellen zu produzieren.

„Da diese Fertilisation nur einen auf diese Weise erzeugten Satz von Keimzellen beinhaltet, würde es sich dabei nicht um reproduktives Klonen handeln. Es entsteht nur ein einzigartiger Embryo“, betont Moore. Die Nutzung von Eizellen aus diesem Verfahren für das therapeutische Klonen schließt Moore allerdings nicht aus. Es könnte, so der Forscher, vermeiden, dass wie bisher Eizellen von Spenderinnen genutzt werden müssen.

(Universität von Sheffield, 20.06.2005 – NPO)

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