Biologie

Elefanten trösten sich gegenseitig

Beruhigendes Zirpen und Rüsselkontakt zeugen von Empathiefähigkeit der Dickhäuter

Nicht nur bei Mutter und Kind, auch erwachsene Artgenossen werden getröstet. © Dinkum / CC-by-sa 3.0

Elefanten sind uns Menschen ähnlicher als gedacht: Auch sie empfinden Mitleid und trösten ihre Artgenossen in Zeiten der Angst, wie US-Forscher herausfanden. Das aber bedeutet, dass sie sich in die Gefühle anderer hineinversetzen können. Eine solche Empathie war unter Tieren bisher nur von Menschenaffen, Hunden und einigen Krähenvögeln bekannt, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „PeerJ“ berichten.

Für uns ist das ganz normal: Wenn wir sehen, dass eine Freundin, ein Bekannter oder selbst ein fremder Mitmensch Kummer hat oder Angst, dann gehen wir hin und trösten ihn. Bei Tieren aber ist ein solches Mitleid sehr viel weniger selbstverständlich. „Das gegenseitige Trösten ist bei Tieren selten, empirische Belege gibt es bisher nur für die großen Menschenaffen, Hunde und einige Krähen, aber nicht für sonstige Affen oder andere Tierarten“, erklären Joshua Plotnik und Frans de Waal vom Yerkes Primate Research Center in Atlanta.

Beobachtungen im Elefantenpark

Die beiden Forscher wollten wissen, wie es bei Elefanten um das Mitleid bestellt ist. „Seit Jahrhunderten schon haben Menschen beobachtet, dass Elefanten hoch intelligente und emphatische Tiere zu sein scheinen, aber als Wissenschaftler brauchen wir natürlich Beweise“, so Plotnik. Für ihre Studie beobachteten die Wissenschaftler ein Jahr lang das Verhalten von 26 Asiatischen Elefanten, die in einem Wildpark in Thailand unter halbnatürlichen Bedingungen gehalten werden.

Die Tiere leben in Gruppen zusammen und wandern den Tag über weitestgehend ungestört im Park herum. Die Fütterung und das Baden finden allerdings an einem zentralen Ort statt und nachts werden sie von Mahouts in Unterstände geführt. Dennoch sei das Gruppenverhalten der Dickhäuter weitgehend ungestört, berichten Plotnik und de Waal. Die Forscher beobachteten von Hochständen aus, wie die Elefanten reagierten, wenn einer von ihnen in Stress geriet, beispielsweise durch einen vorbeilaufenden Hund, eine Schlange oder die Präsenz eines angriffslustigen Artgenossen.

Rüssel im Maul und beruhigendes Zirpen

„Wenn ein Elefant Angst hat, spreizt er seine Ohren ab, sein Schwanz stellt sich auf und er stößt ein tiefes, niederfrequentes Grummeln aus oder trompetet“, beschreibt Plotnik die typische Stressreaktion der Dickhäuter. Wie sich zeigte, reagieren die Gruppenmitglieder darauf meist prompt: Sie gehen auf ihren gestressten Artgenossen zu, berühren ihn mit dem Rüssel oder stecken ihm diesen sogar ins Maul.

Wie die Forscher erklären, ist dies eine Art Umarmung nach Elefantenart: „Sie begeben sich damit in eine sehr verletzliche Position, den sie könnten gebissen werden“, sagt Plotnik. „Damit übermitteln sie ihrem Artgenossen wahrscheinlich das Signal: Ich bin hier um dir zu helfen und keine Bedrohung.“ Gleichzeitig gaben die tröstenden Elefanten oft besondere Laute von sich, einen hohen, zirpenden Ton. „Ich habe diese Form der Vokalisation nie gehört, wenn ein Elefant alleine war“, berichtet Plotnik. Er vermutet, dass dieser Laut den andern Elefanten beruhigen soll, ähnlich wie wir Menschen mit besonderen Tönen und Worten unsere Kinder trösten.

Emotionale Ansteckung

Und auch eine Art emotionale Ansteckung konnten die Forscher beobachten: Bemerkte eine Gruppe Elefanten, dass ein nahebei stehender Artgenosse Angst oder Stress hatte, rückten sie instinktiv näher zusammen und berührten einander beruhigend. Diese Form der Empathie und Übertragung der Gefühle ist auch für uns Menschen typisch: Wenn wir einem Kinofilm sehen, in dem der Hauptdarsteller Angst hat, rücken auch wir näher zusammen oder greifen unwillkürlich nach der Hand unseres Partners.

„Diese Beobachtungen demonstrieren, dass Elefanten mitleiden, wenn sie andere in Angst sehen und dass sie versuchen, diese zu beruhigen – ähnlich wie Schimpansen oder wir Menschen jemanden umarmen, der Kummer hat“, erklärt de Waal. In Bezug auf die Empathie stehen die Dickhäuter damit Menschenaffen und Menschen nicht nach: Auch sie besitzen die Fähigkeit, sich in die Gefühle anderer hineinzuversetzen, wie die Forscher erklären. Denn das sei die Voraussetzung für ein solches Verhalten.

„Menschen sind in vieler Hinsicht einzigartig, aber offenbar nicht in ganz so vielen Dingen, wie wir ursprünglich einmal dachten“, konstatiert Plotnik. Zumindest in einer Hinsicht allerdings kommt uns Menschen kein Tier auch nur ansatzweise nahe: wenn es darum geht, die Lebensräume anderer Tierarten zu zerstören und ihr Überleben zu gefährden. Denn auch die intelligenten – und wie sich jetzt zeigt – zu Mitleid fähigen Elefanten sind vom Aussterben bedroht. (PeerJ, 2014; doi: 10.7717/peerj.278)

(PeerJ, 19.02.2014 – NPO)

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