Fossile Rarität: Im versteinerten Wald von Chemnitz haben Paläontologen eine neue Pflanzenart entdeckt – einen zehn Meter hohen, ungewöhnlich gut erhaltenen Samenfarn. Das 291 Millionen Jahre alte Fossil wurde wie der Rest des Urzeit-Waldes bei einem Vulkanausbruch von Asche verschüttet und so konserviert. Selbst die Abdrücke der feinen Fiederblättchen und die Kronenform dieses Samenfarns sind gut erkennbar, wie das Team berichtet.
Vor 291 Millionen Jahren wuchs in der Gegend des heutigen Chemnitz in Sachsen ein urzeitlicher Wald mit üppiger Pflanzen- und Tierwelt. Das wechselnd feuchtwarme und trockene Klima und viele Flüsse und Feuchtgebiete in dieser Region schufen einen artenreichen und vielseitigen Lebensraum. Doch dann endete diese Ära abrupt: Eine Eruption im nahen Zeisigwald Vulkankomplex begrub den Wald unter mächtigen Ascheschichten – und konservierte seine Relikte.
Von Vulkanasche verschüttet und konserviert
Eines dieser fossilen Relikte ist eine echte Rarität: Es handelt sich um einen baumhohen Samenfarn, dessen Krone damals unter der Last der Vulkanasche abbrach und dann kopfüber zu Boden fiel. Die Baumkrone wurde dadurch in der dicken Ascheschicht am Waldboden begraben und blieb so dreidimensional und in allen Details erhalten. „Eine dreidimensionale Konservierung von fast vollständigen Exemplaren ist bei Pflanzenfossilien extrem selten“, erklären Ludwig Luthardt vom Museum für Naturkunde Berlin und seine Kollegen.
Entdeckt wurde dieses ungewöhnliche Fossil schon im Jahr 2010, doch die Präparation und Analysen dauerten gut zehn Jahre. Jetzt ist es endlich soweit: Das Forschungsteam hat den umgeknickten Samenfarn vom Stamm bis in die Blattspitzen hinein im Detail rekonstruiert und beschrieben – als ersten Vertreter der Medullosales-Samenfarne überhaupt.
Langer Stamm und riesige Wedel
Die Rekonstruktion enthüllt: Der urzeitliche Samenfarn der Art Medullosa stellata hatten einen schlanken, zehn Meter langen Stamm, der nur an seinem oberen Ende eine schirmartige Krone bildete. Diese bestand aus zehn jeweils gut drei Meter langen Farnwedeln, deren Stiele in einer engen Spirale vom Stamm abgingen. Ähnlich wie bei heutigen Palmen zeigen Narben an der Stammoberfläche, dass weiter unten liegende ältere Blätter abgeworfen worden waren.
Jeder der drei Meer langen Farnwedel wies eine beeindruckend große Blattoberfläche aus feinen Fiederblättchen auf, wie das Team berichtet. Die flächig großen Wedel waren demnach an eine maximale Ausbeute des einfallenden Sonnenlichts angepasst. Dazu passt, dass diese Samenfarne trotz ihrer Höhe nicht bis in die Kronenschicht des Waldes reichten, sondern im Schatten noch höherer, urzeitlicher Koniferen standen.
Hoher Wasserbedarf
Die große Blattfläche und die zahlreichen Spaltöffnungen der Blattwedel sprechen dafür, dass diese Urzeit-Pflanze große Mengen an Wasser verdunstete und in die Blätter transportieren musste. Möglich wurde dies dank dicker, im Vergleich zu Koniferen besonders großen Leiterbündel. „Diese konnten wahrscheinlich erhöhte Mengen an Wasser und Nährstoffen transportieren“, berichten Luthardt und seine Kollegen.
Die Paläontologen vermuten, dass diese Samenfarne aufgrund ihres hohen Wasserbedarfs auf ganzjährig feuchte Standorte mit hohem Grundwasserspiegel angewiesen waren. Während dies zu Anfang des Perm-Zeitalters noch an vielen Standorten der Fall war, änderte sich dies, als der Superkontinent Pangäa entstand und das Klima trockener wurde. Das könnte erklären, warum die Medullosales-Samenfarne am Ende des Perm ausstarben. Die Ergebnisse tragen damit zu einem besseren Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Vegetation und Klima im späten Paläozoikum bei.
Untersuchung des versteinerten Waldes geht weiter
Das Fossil des großen Samenfarns, aber auch weitere Funde aus dem versteinerten Wald von Chemnitz werden die Paläontologen in den kommenden Jahren weiter untersuchen. Ziel ist es dabei, die Vielfalt der Pflanzen in den Wäldern des frühen Perms und ihre Rolle in den zunehmend extremen Ökosystemen dieser Zeit zu erforschen.
„Ein spannender Aspekt dabei ist es auch, auf Analogien in der ökologischen Rolle dieser Farnsamer im Vergleich zu Blütenpflanzen der heutigen Tropen beziehungsweise Subtropen einzugehen“, sagt Luthardt. (PeerJ¸2022; doi: 10.7717/peerj.13051)
Quelle: Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung