Genetik

Erbgut der Cannabis-Pflanze entschlüsselt

Sequenzierung ermöglicht ersten Vergleich einer Marihuana-Sorte mit Nutzhanf

Kanadische Forscher haben erstmals das Erbgut einer Marihuana-liefernden Sorte der Hanfpflanze Cannabis sativa entschlüsselt. Die Sequenzierung liefert Einblicke in die genetischen Veränderungen, durch die Cannabis zu einem Lieferant für legale Medizin und illegale Drogen wurde. Über die Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einer Studie, die demnächst im Fachmagazin „Genome Biology“ erscheint. Bisher seien die molekularbiologischen Merkmale des Hanfs weitestgehend unerforscht gewesen, sagen die Forscher. Zudem sei dies die erste Gen-Entschlüsselung einer Medizinpflanze.

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Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler das Erbgut der Cannabis-Sorte „Purple Kush“ dekodiert. Diese Hanfvariante enthält besonders viel Tetrahydrocannabinol (THC), dem für die berauschende, aber auch medizinische Wirkung des Hanfs verantwortlichen Inhaltsstoff. Das Purple Kush-Genom und die Aktivität der entschlüsselten Gene verglichen die Wissenschaftler mit dem Erbgut zweier rauschmittelfreier Hanfvarianten.

Essenzielles Enzym nur beim Marihuana-Hanf angeschaltet

Dabei habe man einen entscheidenden Unterschied gefunden, sagen die Forscher: Ein für die Produktion von THC essenzielles Enzym ist nur beim Marihuana-Hanf angeschaltet, nicht aber beim Nutzhanf. Dieser Schalter sei im Laufe der Kultivierung und Züchtung der Pflanze umgelegt worden, meinen die Wissenschaftler. Besonders aktiv sei das für den Wirkstoff wichtige Enzym in bestimmten Zellen der Blüten – dort, wo auch die THC-Konzentration im Hanf am größten ist.

„Pflanzen sind noch immer eine wichtige Quelle für Arzneimittel, sowohl als Pflanzenmittel als auch als Rohstoff für pharmazeutische Wirkstoffe“, sagt Studienleiter Jonathan Page von der University of Saskatchewan. Cannabis enthalte neben mehr als 100 auf verschiedene Weise wirksamen Cannbinoiden auch andere nützliche Inhaltsstoffe. Die Dekodierung des Genoms dieser Pflanze könne dabei helfen, zukünftig gezielt Hanfpflanzen mit bestimmten medizinischen Wirkstoffen zu erzeugen.

Hanf ist Lieferant zahlreicher nützlicher Inhaltsstoffe

Die Hanfpflanze Cannabis sativa gehört zu den ältesten vom Menschen domestizierten Nutzpflanzen. „Seit Jahrtausenden wird Hanf als Quelle für Fasern, Öle und proteinreiche Samen, aber auch wegen seiner medizinischen und psychoaktiven Eigenschaften genutzt“, schreiben die Forscher. Heute seien Cannabis und das aus ihm erzeugte Haschisch die am meisten konsumierten illegalen Drogen weltweit.

„Durch gezielte Zucht existieren heute hunderte von Sorten, die sich in ihrem Cannabinoid-Gehalt unterscheiden“, sagen die Wissenschaftler. So erreiche der THC-Gehalt in den getrockneten weiblichen Blüten, dem Marihuana, teilweise bis zu 23 Prozent. Nutzhanf, aus dessen Fasern beispielsweise Textilien hergestellt werden, enthalte dagegen so gut wie kein THC. Dafür sei in diesen Sorten oft Cannabidiol stark vertreten, ein nicht psychoaktiver Inhaltstoff.

Die Genanalyse zeigte, dass die Marihuana-Sorte das Enzym für die Cannabidiol-Produktion verloren habe, sagen die Forscher. Da die Pflanze sowohl THC als auch Cannabidiol aus den gleichen Grundbausteinen aufbaue, stünden beide Stoffe normalerweise in Konkurrenz. Das Fehlen des Cannabidiol-Enzyms ermögliche daher eine höhere Produktion von THC als bei Sorten, die weniger stark auf die Rauschmittelproduktion hin gezüchtet worden seien. (Genome Biology, 2011)

(Genome Biology / dapd, 21.10.2011 – NPO)

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