Forscher haben die erste Alge mit drei genetischen Geschlechtern entdeckt. Die in japanischen Flüssen vorkommende Grünalge bildet nicht nur männliche und weibliche Kolonien, sondern auch eine dritte, quasi bisexuelle Form. Diese kann sich mit beiden anderen Geschlechtern paaren. Anders als bei Zwittern wird dieses dritte Geschlecht jedoch durch ein eigenes Gen bestimmt. Im Reich der Algen und Pilze ist dies das erste bekannte Beispiel für eine Dreigeschlechtlichkeit.
Bei vielen Pflanzen ist die zweigeschlechtliche Fortpflanzung mit einer männlichen und einer weiblichen Form die Regel. Es gibt aber auch Pflanzen, die Autogamie praktizieren: Sie bilden Zwitter, die beide Arten von Geschlechtszellen bilden und sich dadurch selbst befruchten können. Während von einigen höheren Pflanzen auch die Kombination dieser Fortpflanzungsstrategien bekannt war, galt für Algen und Pilze bisher ein Entweder-Oder.
Drei sexuelle Phänotypen…
Doch jetzt haben Kohei Takahashi von der Universität Tokio und seine Kollegen erstmals eine Alge entdeckt, die drei Geschlechter bildet. Die Grünalge Pleodorina starrii kommt in japanischen Flüssen vor und bildet typischerweise in einer Gallerthülle eingeschlossene Kolonien aus 32 oder 64 Zellen. Diese Kolonien können sich sowohl asexuell durch Zellteilung vermehren als auch sexuell. In diesem Falle entstehen männliche Kolonien, die mobile Spermienpakete aussenden, und weibliche Kolonien mit größeren, nichtmobilen Keimzellen.
Bisher galt diese Grünalge daher als zweigeschlechtlich. Takahashi und seine Kollegen haben nun jedoch ein drittes Geschlecht bei dieser Alge entdeckt. Diese Kolonien können sowohl männliche als auch weibliche Keimzellen bilden und sich mit den beiden anderen Geschlechtern paaren. „Pleodorina starrii besitzt damit ein neuartiges haploides Paarungssystem, das durch seine drei sexuellen Phänotypen einzigartig ist – es hat männliche weibliche und bisexuelle Formen“, berichten die Forscher.
…und drei verschiedene Gene
Das Besondere daran: Genetisch entsteht das dritte Geschlecht dieser Alge nicht durch bloße Kombination der beiden anderen Geschlechter, sondern durch ein spezielles Gen. Während die beiden anderen Geschlechter durch die Geschlechts-Gene „Otokogi“ – männlich – oder „Hibotan“ – weiblich – determiniert werden, tragen die Kolonien des dritten Geschlechts neben dem männlichen Gen noch ein auf einem anderen Chromosom liegendes Zusatzgen. Die Forscher bezeichnen dieses Gen als den „bisexuellen Faktor“.
Damit haben diese Grünalgen drei auch genetisch verschiedene Geschlechter. „Auf den ersten Blick erscheint es ungewöhnlich, eine Art mit drei Geschlechtern zu finden, aber ich denke, es ist in der Natur gar nicht so selten“, sagt Takahashis Kollege Hisayoshi Nozaki. Er und sein Team vermuten, dass diese Dreigeschlechtlichkeit eine Übergangsform von der zweigeschlechtlichen Vermehrung zur Autogamie darstellen könnte. (Evolution, 2021; doi: 10.1111/evo.14306)
Quelle: University of Tokyo