Erwachsener gemeinsam mit ungeschlüpften Jungtieren
Das Besondere jedoch: In mindestens sieben der 24 Eier sind noch nicht geschlüpfte Embryos konserviert. „Dinosaurier auf ihrem Nest sind als Fossilien ebenso selten wie fossilisierte Dinosaurier-Embryos“, erklärt Bi. “ Dies ist das erste Mal, dass beides in einem einzigen, spektakulären Fund zusammenkommt: ein Dinosaurier, der auf seinem Nest mit erhaltenen Embryos im Ei sitzt.“
Bei bisherigen Funden von adulten Dinosauriern auf Nestern waren die Eier meist zerstört oder leer. Daher war nicht klar, ob es sich bei dem erwachsenen Tier um ein Elternteil handelt oder aber um einen „Fremden“, der beim Ausräubern dieses Nests starb. Die Tatsache, dass der Oviraptorosaurier bei diesem Fund auf Eiern mit noch ungeschlüpften, aber teilweise schon weit entwickelten Jungtieren sitzt, spricht nach Ansicht der Forscher gegen dieses Szenario. Auch ein Tod beim Eierlegen sei angesichts der fortgeschrittenen Entwicklung der Jungtiere unwahrscheinlich.
Beleg für echtes Brutverhalten
Stattdessen gehen die Paläontologen davon aus, dass dieser Dinosaurier beim Brüten überrascht wurde und starb. „In unserem Fund waren die Jungtiere fast reif zum Schlüpfen. Das sagt uns ohne Zweifel, dass dieser Oviraptoride sein Gelege schon längere Zeit umsorgt hat“, sagt Koautor Matthew Lamanna vom Carnegie Museum of Natural History. „Dieser Dinosaurier war ein fürsorgliches Elternteil, das letztlich sein Leben gab, während es sich um den Nachwuchs kümmerte.“
Dieser Fund könnte damit belegen, dass diese Dinosaurier ein echtes Brutverhalten zeigten – wie ihre heutigen Nachfahren, die Vögel. Während Krokodile ihre Eier in Nester legen und diese auch bewachen, brüteten die Oviraptorosaurier ihre Eier auch selbst aus. „Diese Art von Entdeckung ist unter allen seltenen Dinosaurierfunden die seltenste – im Prinzip sehen wir hier fossilisiertes Verhalten“, sagt Lamanna.
Für ein echtes Brutverhalten spricht auch die nähere Analyse der fossilen Eier in diesem Gelege. Denn das Verhältnis der Sauerstoff-Isotope in den fossilen Embryos deutet darauf hin, dass sich diese Jungtiere nicht bei Umgebungstemperatur, sondern bei erhöhten Temperaturen von 30 bis 38 Grad entwickelt haben, wie die Paläontologen erklären. Auch das spricht für ein Bebrüten der Eier.
Asynchrones Schlüpfen
Ungewöhnlich ist jedoch eine weitere Entdeckung: Die Embryos in den Dinosaurier-Eiern befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Das deutet daraufhin, dass sie nicht zur gleichen Zeit geschlüpft wären. Bei modernen Vögeln ist dieses asynchrone Schlüpfen eine nur in wenigen Vogelgruppen vorkommende Ausnahme – möglicherweise in Anpassung an spezielle Lebensbedingungen. Als ursprünglich gilt dagegen das synchrone Schlüpfen der Küken.
„Die Entdeckung des asynchronen Schlüpfens bei Oviraptorosauriern ist angesichts des späten Auftretens dieses Merkmals bei Vögeln unerwartet“, konstatieren Bi und sein Team. „Offenbar hat sich dieses Merkmal unabhängig voneinander bei einigen fortgeschrittenen Vögeln sowie bei den Oviraptorosauriern und möglicherweise noch anderen Dinosauriergruppen entwickelt.“
„Es ist unglaublich, wie viel biologische Information in nur diesem einen Fossil steckt“, sagt Koautor Xing Xu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. „Wir werden in den nächsten Jahren noch einiges von diesem Exemplar lernen können.“ (Science Bulletin, 2020; doi: 10.1016/j.scib.2020.12.018)
Quelle: Science China Press
11. März 2021
- Nadja Podbregar