Dass große Eltern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch große Kinder bekommen, ist nichts Neues. Welche Gene aber für diese Körpergröße verantwortlich sind, war unbekannt – bis jetzt. Ein Forscherteam hat nun ein erstes Gen, HMGA2, entdeckt, dessen Variante für den Größenzuwachs eine Rolle spielt- wenn auch nicht allein. Wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Genetics“ berichten, trägt immerhin ein Viertel der Europäer zwei „Groß“-Versionen dieses Gens in sich.
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Studien der jüngsten Zeit haben gezeigt, dass die Körpergröße zu 90 Prozent von den Genen bestimmt wird. Umwelteinflüsse, die beispielsweise beim Körpergewicht die genetische Prädisposition beeinflussen, spielen bei der Frage, wie groß wir werden, nur eine untergeordnete Rolle. „Obwohl verbesserte Ernährung dazu führt, dass jede Generation ein wenig größer wird, ist die Variation der Größen innerhalb einer Generation nahezu ausschließlich durch unsere Gene bestimmt“, erklärt Tim Frayling von der Peninsula Medical School. Da aber die Größe nicht von einem einzigen Gen abhängt, sondern von mehreren, ist die Identifikation der Auslöser entsprechend schwierig.
Genvarianten beeinflussen Größe – ein bisschen
Zusammen mit Kollegen von der Universität von Oxford, der Harvard Universität und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) analysierte Frayling DNA-Proben von mehr als 5.000 Menschen. Diese waren ursprünglich im Rahmen der umfangreichsten jemals durchgeführten Studie zur Erforschung der genetischen Komponenten häufiger Erkrankungen vom Wellcome Trust und der amerikanischen Diabetes Genetics Initiative gesammelt, entschlüsselt und in einer Datenbank archiviert worden. Dabei stießen sie auf das Gen HMGA2.
Wie von allen Gene besitzen wir auch von diesem jeweils zwei Kopien in unserem Erbgut, eine von der Mutter, eine vom Vater. Jedes dieser „Allele“ kann eine leichte Variation aufweisen – im Falle des HMGA2-Gens eine „Groß“- und eine „Klein“-Version. Wie die Wissenschaftler feststellten, besitzen immerhin 25 Prozent aller Europäer zwei „Groß“-Versionen dieses Gens und werden damit rund einen Zentimeter größer als Menschen mit zwei „Klein“-Allelen.
„Größe ist eine typische polygenetische Eigenschaft“, erklärt Frayling. „Mit anderen Worten: Viele Gene tragen dazu bei uns kleiner oder größer zu machen. Unser Ergebnisse erklären noch nicht, warum eine Person 1,90 und eine andere nur 1,50 groß ist. Das ist erst das erste Gen von vielen, die noch gefunden werden müssen – möglicherweise sind es sogar viele Hunderte.“
Zusammenhang von Größen-Gen und Krebs?
Die genaue Rolle, die HMGA2 für das Wachstumspielt ist noch unklar, aber die Forscher vermuten, dass es wahrscheinlich eine verstärkte Zellproduktion bewirkt. Damit könnte das Gen auch eine Rolle für die Entwicklung von Krebs spielen, da auch Tumore durch ein unreguliertes Zellwachstum entstehen. Vorherige Studien haben bereits einen Zusammenhang zwischen Körpergröße und dem Risiko für bestimmte Krebsarten festgestellt, darunter vor allem Prostata-, Lungen- und Blasenkrebs.
„Es scheint eine definitive Korrelation zwischen Größe und einigen Krankheiten zu geben“, erklärt Mike Weedon, Hauptautor der Studie. „Es gibt beispielsweise einen Zusammenhang zwischen geringer Größe und leicht erhöhtem Risiko für Herzerkrankungen, größere Menschen dagegen erkranken eher an bestimmten Krebsarten und Osteoporose.“ Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte die Entdeckung des ersten Größen-Gens einen großen Fortschritt im Verständnis der Auswirkungen von DNA-Variationen, besonders im Bereich von Wachstum und Entwicklung bringen.
(Wellcome Trust, MIT, 03.09.2007 – NPO)