Nicht genug Mist? Die globalen Nährstoffkreisläufe schwächeln – weil es an tierischen Exkrementen mangelt. Die dezimierten Bestände von Walen, Fischen und Vögeln verteilen mit ihren Ausscheidungen kaum noch Nährstoffe um, hat ein internationales Forscherteam errechnet. Diese fehlende Verteilung von natürlichem Dünger wirkt sich auch auf die Fruchtbarkeit der Erde aus, schreiben die Wissenschaftler in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Über tierische Exkremente rümpfen wir oft die Nase oder schenken ihnen wenig Beachtung, wenn wir uns nicht gerade über Hundedreck auf dem Gehweg ärgern. Vogelmist aber dient auch als Ausgangsstoff für Dünger: Im 19. Jahrhundert war der vor allem aus Südamerika und dem Pazifikraum stammende Guano ein begehrtes Düngemittel, und ist es teilweise noch heute. Dies zeigt, wie reich an Nährstoffen die Ausscheidungsprodukte sein können, und welche Bedeutung Exkremente für natürliche Nährstoffkreisläufe haben können.
Eindrucksvoll umverteilt werden diese Nährstoffe beispielsweise durch Wale: Sie fressen gigantische Mengen in den Tiefen der Ozeane, und ihre ebenfalls beachtlichen Mengen an Exkrementen setzen sie dagegen nahe der Oberfläche ab. Im Gesamtbild galten Riesen wie Wale dagegen bislang als eher unbedeutend: Mikrobielle und geologische Freisetzungsprozesse galten als ausschlaggebend für die Nährstoffkreisläufe.
Große Tiere, größere Bedeutung?
Doch welchen Einfluss haben große Tiere wirklich auf die Ökosysteme? Dieser Frage sind die Forscher um Christopher Doughty von der University of Oxford gezielt nachgegangen. „Bisher wurde größeren Tieren keine große Rolle im globalen Nährstoffkreislauf zugesprochen“, sagt Doughty. Dazu werteten die Forscher Daten über heutige Tierpopulationen, deren Ausscheidungsmengen und die Größen früherer Tierbestände aus. Mit diesen Informationen entwickelten die Wissenschaftler mathematische Modelle, die den Effekt der Exkremente-Verteilung simulieren.
Damit zeigten die Forscher, dass die Tierpopulationen in der Tat wie eine gigantische Verteilerpumpe wirken: Sie transportieren ihre nährstoffreichen Fäkalien in einem erheblichen Maße zu teils entlegenen Orten, die sonst weniger produktiv wären – im Meer wie auch auf den Kontinenten. Das Schlüsselelement in den Geschäftchen ist den Forschern zufolge Phosphor – ein zentraler Mangelnährstoff beim Pflanzenwachstum.
Schrumpfender Tierbestand, weniger Nährstofftransport
Unterm Strich kamen die Wissenschaftler aber zu dem Ergebnis: Die Leistung der tiergetriebenen Nährstoff-Pumpen im Meer und auf dem Land ist im Vergleich zu früheren Zeiten auf sechs Prozent gesunken. An konkreten Beispielen wird dies deutlich: Vor der industriellen Jagd auf Wale und andere Meeressäuger, beförderten die Tiere jährlich ungefähr 375 Millionen Kilogramm Phosphor aus den Tiefen in die Oberflächengewässer. Nun sind es nur noch etwa 83 Millionen Kilogramm, entsprechend geringer ist die Düngewirkung auf die Grundlage der Nahrungskette in den Ozeanen – die Algen.
Ähnliche Effekte sind bei den schwindenden Vogel- und Fischpopulationen erkennbar, von denen einige in erheblichem Maße Nährstoffe aus dem Meer aufs Land tragen: Beispielsweise die Lachse, die im Meer leben aber zum Laichen weit in die Flusssysteme hinauf schwimmen, wo sie schließlich sterben und ihre Biomasse hinterlassen. Einst beförderten diese Tierarten etwa 150 Millionen Kilogramm Phosphor, ergaben die Berechnungen. Die heutigen durch Lebensraumzerstörung und Überfischung dezimierten Restbestände erreichen nur noch etwa vier Prozent dieser früheren Transportleistung.
Pumpe schwächelt seit dem Aussterben der Megafauna
Auf die Landmassen bezogen, ist die Verteilungsleistung den Ergebnissen zufolge auf acht Prozent ihrer Kapazität zurückgegangen, die sie noch zu Zeiten der sogenannten Megafauna am Ende der Eiszeit besaß. 150 Tierarten wie das Mammut, das Riesenfaultier oder das Wollnashorn verschwanden und mit ihnen ihr Kot, durch den sie Nährstoffe von A nach B verlagerten. Auch beim Aussterben der Megafauna hatte wohl schon der Mensch die Hand im Spiel. Später mussten dann beispielsweise auch die gewaltigen Bisonherden Nordamerikas dran glauben.
Unterm Strich scheint die Welt nun ausgesprochen schlecht gedüngt zu werden, vor allem was den Phosphor betrifft. „Die leicht zugängliche Phosphatversorgung könnte in weniger als 50 Jahren auslaufen“, sagt Doughty. „Das Wiederherstellen von Tierpopulationen könnte nun dazu beitragen, wieder mehr Phosphor vom Meer aufs Land zu bringen, um die schwindenden globalen Vorräte aufzustocken“, so der Forscher. Auch die Walbestände in den Ozeanen wieder aufzubauen, könnte sich beispielsweise lohnen, sagen die Forscher: Letztlich könnte dies die Fähigkeit der Meere steigern, das Treibhausgas Kohlendioxid aufzunehmen. (PNAS, 2015; doi: 10.1073/pnas.1502549112)
(PNAS, 27.10.2015 – MVI)