Biologie

Experiment rekonstruiert Wiege des Lebens

Das erste Leben könnte an alkalischen hydrothermalen Schloten der Urmeere entstanden sein

Lost City
Dieser hydrothermale Schlot im pazifischen "Lost City"-Feld speit neben mineralreichem Wasser auch Wasserstoff und Methan – ähnliche Schlote könnten auf der frühen Erde eine Wiege des Lebens gewesen sein. © NOAA Ocean Explorer/ URI-IAO, UW, IFE

Blick zurück in die Ursuppe: Wichtige Bausteine für das erste Leben auf der Erde könnten an hydrothermalen Schloten der Meere entstanden sein. Das zeigt ein Experiment, in dem Forscher solche urzeitlichen Schlote im Labor nachgebaut haben. In Anwesenheit bestimmter Eisenminerale bildeten sich in dem warmen Wasser dieser Miniatur-Ursuppe Aminosäuren und Laktat – Biomoleküle für das erste Leben.

Wie und wo entstand das erste Leben auf der Erde? Diese Frage ist bis heute ungeklärt. So vermuten Forscher die Wiege des Lebens in Tongestein-Poren, in heißen Tümpeln, an hydrothermalen Schloten oder auch in den Poren erstarrter Lava von Meeresvulkanen. Auch welche Biomoleküle die ersten Lebensbausteine bildeten, ist noch strittig. Einer Theorie nach war die RNA noch vor der DNA das Erbmolekül der ersten Zellen, deren Bausteine könnten gemeinsam mit Aminosäuren an Unterseevulkanen entstanden sein, wie Experimente nahelegen.

Hydrothermaler Schlot im Miniformat

Ein neues Experiment zur Entstehung des Lebens haben nun Forscher um Laurie Barge vom Jet Propulsion Laboratory der NASA durchgeführt. Sie wollten wissen, ob sich alkalische hydrothermale Schlote als Bildungsorte für Lebensbausteine wie Aminosäuren eignen. „Zu verstehen, wie weit sich solche Biomoleküle nur aus Mineralen und organischen Vorstufen bilden können, ist wichtig um herauszufinden, in welcher Art von Umwelt das Leben entstehen kann“, erklärt Barge.

Schlot-Experiment
Tiefsee-Schlot im Miniaturformat: Im Experiment setzen sich eisenhaltige mnineralien ab und es entstehen Milchsäure und Aminosäuren. © NASA/ JPL-Caltech/Flores

Für ihr Experiment bauten die Forscher das chemisch-physikalische Milieu an einem dieser Schwarzen Raucher im Miniaturmaßstab nach. Sie gaben dafür das auf der frühen Erde häufige eisenhaltige Mineral Eisenhydroxidoxid (FeO(OH)) in leicht alkalisches, auf rund 70 Grad erwärmtes Meerwasser. Dem setzten sie die organischen Verbindungen Pyruvat und Ammoniak zu, die unter solchen Bedingungen an hydrothermalen Schloten entstehen können.

Spontane Bildung von Aminosäure und Laktat

Das Ergebnis: Unter den sauerstoffarmen Bedingungen des simulierten Urozeans reagierte das teiloxidierte Eisenmineral mit dem Pyruvat und Ammoniak. Das Pyruvat erhielt dabei eine stickstoffhaltige Amingruppe und wurde in die Aminosäure Alanin umgewandelt. Gleichzeitig entstand auch Laktat, das Salz der Milchsäure. Beides sind für Organismen wichtige Biomoleküle, Hydrokarbonsäuren wie die Milchsäure gelten zudem als Vorstufen weiterer, komplexer Lebensbausteine.

„Dies zeigt, dass wässrige, teilweise reduzierende Eisenmineral-Systeme, wie sie auf der frühen Erde häufig waren, die Synthese und Anreicherung von präbiotischen organischen Molekülen begünstigt haben könnten“, konstatieren Barge und ihr Team. Ein weiterer positiver Faktor könnten die geochemischen Gradienten an den Schloten sein: Die auf kleinem Raum starken Unterschiede in Chemie und Temperatur liefern Energie für chemische Reaktionen und könnten so die Bildung immer komplexerer Moleküle vorangetrieben haben.

Hilfe für Suche nach außerirdischem Leben

Nach Ansicht der Forscher liefert ihr Experiment ein weiteres Indiz dafür, dass gerade alkalische hydrothermale Schlote eine geeignete Wiege des Lebens auf der Urerde gewesen sein könnten. Gleichzeitig könnte dies auch verraten, unter welchen Bedingungen Leben auf anderen Himmelskörpern entstanden sein könnte. „Noch haben wir keine Belege für außerirdisches Leben, aber wenn wir die Bedingungen verstehen, die für die Lebensentstehung nötig sind, dann können wir die Orte näher eingrenzen, wo wir danach suchen“, sagt Barge.

Zumindest zwei Orte im Sonnensystem könnten tatsächlich hydrothermale Schlote und damit potenzielle Wiegen des Lebens besitzen: Der Saturnmond Enceladus besitzt unter seiner Eiskruste einen subglazialen Ozean, in dem wahrscheinlich warmes, alkalisches Wasser vom heißen Gesteinsuntergrund aufsteigt. Ähnliches könnte auf dem Jupitermond Europa der Fall sein – auch hier liegt ein flüssiger Ozean unter der Eiskruste. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2019; doi: 10.1073/pnas.1812098116)

Quelle: NASA/JPL

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