Zoologie

Faultiere: Anatomie spart Energie

Röntgenfilm widerlegt Annahme von besonders energiesparender Bewegungsweise

Zweifinger-Faultier © Dave Pape / gemeinfrei

Faultiere sind perfekt ans Energiesparen angepasst. Der Schlüssel zu dieser Sparsamkeit liegt jedoch nicht in ihren langsamen Bewegungen. Ihr Körperbau bringt den entscheidenden Vorteil. Das haben Forscher der Universität Jena herausgefunden.

„Zu unserer großen Überraschung unterscheidet sich die Fortbewegung der Faultiere im Prinzip gar nicht so sehr von der anderer Säugetiere, etwa der Affen, die statt am Ast zu hängen, auf dem Ast entlang balancieren“, sagt der Evolutionsbiologe John Nyakatura. Im Rahmen seiner Doktorarbeit hat er die Bewegungsabläufe der Faultiere und ihre Anatomie mithilfe einer Röntgenvideoanlage gefilmt und analysiert. Deutliche Unterschiede entdeckte er dabei nur im anatomischen Aufbau der Tiere.

„Faultiere besitzen sehr lange Arme, aber nur sehr kurze Schulterblätter, die frei beweglich einem schmalen, abgerundeten Brustkorb aufliegen. Das verleiht ihnen einen maximalen Bewegungsradius“, sagt der Forscher. Außerdem sei es bei den Faultieren zu einer Verschiebung der Ansatzstellen bestimmter Muskeln gekommen. Das ermögliche ihnen das eigene Körpergewicht mit möglichst geringem Energieaufwand zu halten. Die Anpassung an die langsame, energiesparende Art der Fortbewegung sei ausschließlich über die Anatomie erfolgt, bilanziert Nyakatura.

Energiesparmodus als ökologische Nische

Ihr Leben steht Kopf: Statt aufrecht der Schwerkraft zu trotzen, verbringen Faultiere den überwiegenden Teil ihres Lebens kopfüber hängend in den Ästen von Bäumen. Müssen sie sich bewegen, so tun sie das nur sehr langsam. Doch warum sind Faultiere so „faul“?

„Mit ihrer Lebensweise besetzen die Faultiere eine ökologische Nische. Sie führen ein Leben im Energiesparmodus“, sagt Martin Fischer, der die Arbeit von Nyakatura betreut hat. Das Ausnützen energiearmer Kost in Verbindung mit einer unauffälligen Lebensweise mache sie zu den absoluten „Energiesparmodellen“ unter den Säugetieren. Und das sei ein ausgewiesenes Erfolgsrezept, das mit Faulheit rein gar nichts zu tun habe.

Dreidimensionale Rekonstruktion des Skeletts basierend auf Röntgenvideos der Faultiere in Bewegung. © John Nyakatura / FSU

Hangeln in der Röntgenröhre

Für seine Studie filmte Nyakatura drei Zweifingerfaultiere, während sie sich an einer Stange entlang hangelten. Die gesamte Stange befand sich dabei in einer Röhre, die vom Röntgengerät erfasst wurde. Auf diese Weise gelangen Videos, die den Skelettaufbau in der Bewegung zeigten.

Die Röntgenfilme belegten die völlig „normale“ Fortbewegung der Tier und entkräfteten damit Annahmen einer besonders energiesparenden Bewegungsart. „Ihre Beinstellung und die Beugung der Gelenke entsprichen exakt denen anderer Säugetiere beim Laufen“, sagt Nyakatura. Die Filme enthüllten auch die anatomischen Anpassungen in Form langer Arme und kurzer Schultern, die sowohl bei Zweifinger- als auch bei Dreifingerfaultieren vorkommen.

Das erstaunliche daran sei, dass sich dieses Prinzip gleich zwei Mal unabhängig voneinander entwickelt haben müsse, sagt der Forscher. Denn anders als es äußere Erscheinung und Lebensweise der Tiere vermuten lassen, seien diese beiden Familien evolutionär gesehen nur relativ weitläufig miteinander verwandt.

(Universität Jena / dapd, 21.07.2011 – NPO)

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