Wecker für Viren: Feinstaub kann in der Lunge schlafende Herpesviren aktivieren. Darauf deuten nun Experimente mit Mäusen und menschlichen Zellen hin. Demnach wird eine latente Infektion durch eine entsprechende Belastung mit Nanopartikeln wieder akut. Offenbar verändert das Einatmen der kleinen Staubteilchen das Immunsystem so, dass für ruhende Viren optimale Bedingungen herrschen. Die Folge: Sie werden aktiv und vermehren sich.
Luftschadstoffe gehören zu den größten Umweltrisiken für unsere Gesundheit. Insbesondere der sogenannte Feinstaub ist heute in fast jeder Großstadt allgegenwärtig. Gerade diese verschwindend kleinen Partikel aus Verkehrsabgasen, Schiffschornsteinen oder anderen Verbrennungsprozessen sind jedoch gefährlich: Unter anderem können sie tief in die Lunge eindringen und dort Krebs, Fibrosen und die Lungenkrankheit COPD verursachen.
Verändertes Immunsystem
Doch nicht nur das: Offenbar ist der Feinstaub zudem dazu in der Lage, schlafende Viren in unseren Atemwegen zu wecken – Erreger, die sich vor dem Immunsystem versteckt halten und auf den richtigen Moment warten, um wieder aktiv zu werden. „Wir wussten bereits, dass das Einatmen von Nanopartikeln eine entzündliche Wirkung hat und das Immunsystem verändert“, sagt Tobias Stöger vom Helmholtz Zentrum München. Er und seine Kollegen wollten deshalb wissen: Könnten die Staubteilchen unser Abwehrsystem so beeinflussen, dass es für Viren weniger gefährlich erscheint?
Die Wissenschaftler testeten ihre Theorie mit einem für Nager spezifischen Herpesvirus an tierischen Lungengewebszellen sowie an Mäusen. Dafür ahmten sie eine latente Infektion nach, bei der der Erreger zwar im Körper nachweisbar ist, aber nicht aktiv ist und daher auch keine Symptome verursacht. Anschließend setzten sie ihren Versuchsobjekten Partikeln aus, wie sie typischerweise bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern entstehen.