Neurobiologie

Feminines Gesicht macht Politikerinnen erfolgreicher

Studie zeigt Einfluss der Gesichtszüge auf Wahlentscheidungen

Besonders feminine Gesichtszüge verleihen Politikerinnen bessere Chancen auf den Wahlsieg. © freeimages

Steht politische Kompetenz ins Gesicht geschrieben? Zumindest verschafft ein besonders feminines Aussehen Politikerinnen mehr Wählerstimmen, wie US-Wissenschaftler herausgefunden haben. Sind ihre Gesichtszüge dagegen eher maskulin, haben Frauen weniger Aussicht auf den Wahlsieg. Besonders stark ausgeprägt sei dieser Effekt in konservativen Staaten, berichten die Forscher im Journal „Social Psychological and Personality Science“.

Gesichter werden von unserem Gehirn enorm schnell verarbeitet und bewertet. Innerhalb von Millisekunden nachdem wir ein Gesicht wahrnehmen, entsteht ein erster Eindruck über Dinge wie Attraktivität oder Verwandtschaftsverhältnisse. Bereits subtile Kleinigkeiten können diese Wertung drastisch beeinflussen: Gesichter mit untypischen Geschlechtsmerkmalen, etwa besonders maskulin erscheinende Gesichter von Frauen, stellen das Gehirn vor einen Moment der Unsicherheit, der sich auch auf weitere Entscheidungen auswirkt.

Für Politikerinnen hat dieser Effekt offenbar weitreichende Folgen: Einer Studie unter der Leitung von Jon Freeman vom Dartmouth College in den USA zufolge haben weibliche Kandidaten besser Chancen bei Wahlen, wenn ihre Gesichtszüge besonders feminin sind.

Bewertung ohne politischen Hintergrund

Für ihre Studie zeigten die Wissenschaftler mehr als 300 Studienteilnehmern Bilder der Kandidaten von US-amerikanischen Kongress- und Gouverneurswahlen aus den Jahren 1998 bis 2010. Etwa ein Zehntel der Teilnehmer waren Studenten des Dartmouth College. Der weitaus größere Teil waren Menschen aus dem gesamten Staatsgebiet der USA, die sich an einer Online-Version des Experiments beteiligten. Zunächst sollten die Studienteilnehmer die Gesichter so schnell wie möglich als weiblich oder männlich bewerten. Anschließend sollten sie angeben, ob sie der gezeigten Person ihre Stimme geben würden oder nicht – lediglich anhand des Gesichts, ohne jedes weitere Hintergrundwissen.

Das Ergebnis war eindeutig: Je femininer das Gesicht einer Frau erscheint, desto mehr Stimmen erhielt sie. Nahm die Mehrzahl der Teilnehmer dagegen eher maskuline Merkmale in ihrem Gesicht wahr, so hatte sie schlechte Karten bei dieser Wahl. Der Grund dafür liegt in der „subtilen Unsicherheit bei der ersten Bewertung des Geschlechts eines Gesichts“, erklärt Freeman. Diese Unsicherheit aufgrund von männlichen oder fehlenden weiblichen Merkmalen im Gesicht einer Frau beeinflusst die Wahlentscheidung. Anhand der Mausbewegungen der Teilnehmer am Computer fanden die Wissenschaftler heraus, dass dieser Moment der Entscheidungsfindung nur bis zu 380 Millisekunden dauert.

Konservative Geschlechterrollen verstärken Unsicherheit

Besonders interessant: In mehrheitlich konservativen US-Staaten waren die ungleichen Bewertungsmaßstäbe besonders ausgeprägt. Die Wissenschaftler interpretieren dies mit dem dort verbreiteten typisch-konservativen Rollenbild: Führungsstärke gilt dort als männliche Qualität und Unsicherheiten zwischen herrschenden Geschlechterrollen werden weniger akzeptiert, wie Studienautor Eric Hehman erläutert. Er fügt hinzu: „Frühere Forschungsergebnisse deuten dagegen daraufhin, dass Liberale eher eine größere Toleranz gegenüber Unsicherheiten zeigen.“

Die exakten Folgen dieses Unterschieds zwischen Konservativen und Liberalen für Politikerinnen sind nur schwer vorherzusagen. Doch das Experiment zeigt: Während zwar ein Supermodel nicht zwangsläufig allein aufgrund ihres Erscheinungsbilds ins Weiße Haus einziehen wird, so kann dennoch das Aussehen einer Politikerin ihren Wahlerfolg entscheidend beeinflussen.

(Dartmouth College, 20.05.2014 – AKR)

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