Paläontologie

Fertige Säbelzähne in drei Jahren

Eckzähne von Säbelzahntigern waren trotz schnellen Wachstums erst spät ausgewachsen

Oberkiefer des Säbelzahntigers Smilodon fatalis mit ausgewachsenen Fangzähnen © American Museum of Natural History / J. Tseng

Schnell und trotzdem langsamer: Die großen Eckzähne von Säbelzahntigern wuchsen doppelt so schnell wie bei heutigen Löwen – und waren wegen ihrer enormen Größe dennoch erst im Alter von drei Jahren ausgewachsen. Anhand von Fossilien haben US-Forscher Wachstum und Entwicklung der Säbelzähne bei Jungtieren erforscht. Ausgeprägtes Timing war wichtig, damit die Zähne rechtzeitig zur Jagd einsatzbereit waren, schreiben die Forscher im Journal „PLOS ONE“.

Das beeindruckendste Merkmal am ausgestorbenen Säbelzahntiger sind seine riesigen Eckzähne: Wie Dolche ragen sie bis zu 18 Zentimeter lang aus dem Oberkiefer. Die derartig bewaffneten Tiere der Gattung Smilodon standen zu ihrer Zeit in Nord- und Südamerika an der Spitze der Nahrungskette. Doch vor rund 10.000 Jahren verschwanden die Großkatzen, die trotz des verbreiteten Bezeichnung als Säbelzahntiger nur wenig mit heutigen Tigern verwandt sind.

Wenige Jungtiere in den Teergruben

In welchem Entwicklungsstadium und vor allem wie schnell den großen Raubkatzen ihr Markenzeichen wuchs, war bislang unerforscht. Da die ausgeprägten Eckzähne jedoch ein entscheidendes Merkmal für das Jagdverhalten von Smilodon waren, sind sie wichtig für ein vollständiges Verständnis seiner Lebensweise. Wissenschaftler um Aleksander Wysocki von der Clemson University in South Carolina haben das Wachstum der Säbelzähne darum genauer untersucht.

Sie verglichen dazu Smilodon-Fossilien aus den La Brea Teergruben in Los Angeles miteinander und legten besonderes Augenmerk auf die Gebisse von Jungtieren. Diese findet man dort allerdings nur relativ selten: „Angesichts der großen Zahl an Raubtieren in der Umgebung der Teergruben wären Jungtiere in Gefahr gewesen, selbst zur Beute zu werden“, erklärt Wysocki. Während andere Räuber Jagd auf im Teer gefangene Tiere machten und dabei oft selbst stecken blieben, hielten sich die Jungkatzen daher zurück.

Zähne eines Jungtieres: Neben dem größeren Milchzahn wächst bereits der bleibende Säbelzahn heran. © American Museum of Natural History / J. Tseng

Säbelzähne mit rasantem Wachstum

In den reichen Fossiliensammlungen aus den Teergruben fanden die Forscher dennoch genug Material. Mit Hilfe von Isotopenanalysen und Mikro-Computertomographie berechneten sie die Wachstumsrate der Eckzähne. Dabei kamen sie auf eine beeindruckende Geschwindigkeit von sechs Millimetern im Monat. Das ist etwa doppelt so schnell wie bei heute lebenden Löwen, und menschliche Fingernägel wachsen im Monat etwa 3,4 Millimeter.

Trotz dieses rasanten Wachstums dauerte es etwa drei Jahre, bis der Säbelzahn-Nachwuchs das ausgewachsene Gebiss eines erwachsenen Tieres hatte. Denn genau wie Menschen und viele andere Säugetiere hatte auch Smilodon zunächst ein „Milchgebiss“. Den Jungtieren wuchs zunächst ein Satz Milchzähne, die mit etwa eineinhalb Jahren ausgewachsen waren.

Entscheidendes Timing

In diesem Alter wuchsen auch die Schädelknochen endgültig zusammen, die zuvor wie auch bei menschlichen Säuglingen nur lose zusammengefügt waren. Bei heute lebenden Löwenjungen geschieht dies rund acht Monate später. Das Timing ist jedoch entscheidend: Die Kiefermuskeln sind an zweien dieser Schädelknochen befestigt. Um die Zähne wirkungsvoll einsetzen zu können, müssen sie nicht nur ausgewachsen sein – auch ein stabiler Knochenbau ist nötig.

Mit etwa 20 Monaten verloren die Jungkatzen ihre Milchzähne. Doch damit standen sie nicht zahnlos da: Die permanenten Zähne brachen schon gegen Ende der Wachstumsphase der Milchzähne durch und waren bei deren Abwurf bereits einsatzbereit. Fast ein Jahr lang ließ sich dadurch im Gebiss der Jungtiere ein doppelter Satz der Säbelzähne sehen: Die Milchzähne und dahinter die bereits wachsenden bleibenden Zähne. „Obwohl seine Eckzähne mehr als doppelt so lang waren wie die eines Löwen, brauchte Smilodon weniger als doppelt so viel Zeit, um sie wachsen zu lassen“, fasst Wysocki zusammen. (PLOS ONE, 2015; doi: 10.1371/journal.pone.0129847)

(American Museum of Natural History, 02.07.2015 – AKR)

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