Waren Vorfahren einer Belastung durch einen Umweltschadstoff ausgesetzt, kann dies noch Generationen später die Stresstoleranz, den Stoffwechsel und das Verhalten der Nachkommen prägen. Das haben US-amerikanische Forscher bei Versuchen mit Ratten herausgefunden. Sie hatten schwangere Weibchen einmalig einem giftigen Pilzbekämpfungsmittel ausgesetzt, dann aber diese Tiere und ihre Nachkommen in Schadstoff-freier Umgebung gehalten. Die Nachkommen dieser Ratten reagierten noch nach drei Generationen sensibler auf Stress und hatten ein höheres Körpergewicht als Ratten mit unbelasteten Vorfahren. Die Aktivität zahlreicher Gene im Gehirn sei bei diesen Ratten ebenfalls verändert gewesen, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Weitervererbt werden die Effekte des Umweltgifts nicht über Genveränderungen, wie die Forscher berichten. Stattdessen beeinflusst das Fungizid Anlagerungen am Erbgut, die das Ablesen bestimmter Gene blockieren. Inwieweit auch solche sogenannten epigenetischen Veränderungen an Nachkommen vererbt werden können, war lange Zeit unklar.
„Wir haben bisher nicht gewusst, dass die Umweltbelastung der Vorfahren auch das Stressverhalten quasi programmieren kann“, sagt Studienleiter Michael Skinner von der University of Texas in Austin. Die neue Erkenntnis bedeute nichts weniger, als dass ein Kontakt der Urgroßmutter mit einem Umweltgift ausreiche, um unter Umständen noch die Gehirnentwicklung des Urenkels dauerhaft zu verändern.
Das Prinzip gleiche damit einem „Zwei-Treffer“-Modell, sagen die Forscher: Der erste Treffer, der schon vor Generationen erfolgt sein könne, bestimmt, wie stark sich der zweite Treffer – der individuelle Stress – auswirke. „Wie gut jemand mit anderen Menschen umgehen kann und wie er auf Stress reagiert, kann daher genauso auf das epigenetische Erbe der Vorfahren zurückgehen wie auf die individuellen Erfahrungen in der Kindheit“, sagt Skinner.