Biologie

Forscher enträtseln Entstehung der Darmflora

Mechanismus der Immuntoleranz bei Neugeborenen identifiziert

Darmepithelzellen, die bakterielles Endotoxin (in rot) aufgenommen haben und damit ähnlich wie neonatale Darmepithelzellen tolerant gegenüber einer Stimulation durch kolonisierende Bakterien geworden sind. © M. Hornef / MHH

Ein kleines Signalmolekül namens IRAK1 ist dafür verantwortlich, dass sich kurz nach der Geburt – ohne Abwehrreaktion des Körpers – Mikroben im Darm ansiedeln können und so die gesunde Darmflora entsteht. Das haben jetzt Hannoveraner Forscher in einer neuen Studie herausgefunden.

Sie konnten darüber hinaus den dazugehörigen molekularen Mechanismus aufklären, den sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Cell Host & Microbe“ erstmals ausführlich beschreiben.

Bis zu 1.000 verschiedene Mikroben

Die Darmflora besteht bei Erwachsenen aus bis zu 1.000 verschiedenen Mikroorganismen. Sie hilft bei der Verdauung und dem Schutz vor krankheitserregenden Bakterien. Die Darmflora entsteht direkt nach der Geburt, indem sich die Mikroorganismen in dem bis dahin sterilen Darm ansiedeln.

Ist die Darmflora fertig ausgebildet, stellt sie ein kompliziertes, sehr stabiles lebenslanges Gleichgewicht zwischen Bakterien und dem Wirt dar, dem menschlichem oder tierischem Organismus. Diese Balance lässt zu, dass sich unschädliche, für den Verdauungsprozess wichtige Bakterien ansiedeln, ermöglicht aber die Aktivierung der Immunabwehr bei einer Infektion mit Durchfallerregern.

Schleimhaut „bereit“ für die Besiedlung

Die Forscher um Dr. Cecilia Chassin vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) untersuchten nun, wie dieses Gleichgewicht nach der Geburt zustande kommt. Sie fanden heraus, dass bei Mäusen kurz nach der Geburt ein zentrales Signalmolekül für die Erkennung von Mikroorganismen, IRAK1, in den Darmschleimhautzellen herunter reguliert wird.

Dann ist die Schleimhaut des Neugeborenen unfähig, auf bakterielle Besiedlung zu reagieren und so kann sich die Darmflora ungestört ausbilden. Danach tritt das Signalmolekül IRAK1 wieder in Funktion und ermöglicht so eine schützende Immunabwehr vor krankheitserregenden Keimen.

Grundlagenforschung an Mäusen

„Es handelt sich hier um Grundlagenforschung an Mäusen, die nicht direkt auf Menschen übertragbar ist“, betont Professor Dr. Mathias Hornef, der auch an der neuen Studie beteiligt war.

„Es gibt in Bezug auf die Reife der Darmschleimhaut bei Geburt und der postnatalen Entwicklung wesentliche Unterschiede zwischen neugeborenen Menschen und Mäusen. Trotzdem müssen auch beim Menschen Mechanismen existieren, die eine entzündliche Abwehrreaktion auf die bakterielle Besiedlung der Darmschleimhaut nach Geburt verhindern“, so der Forscher weiter.

(idw – Medizinische Hochschule Hannover, 26.10.2010 – DLO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Kleine Wunderwerke - Die unsichtbare Macht der Mikroben von Idan Ben-Barak

Wie Zellen funktionieren - Wirtschaft und Produktion in der molekularen Welt von David S. Goodsell

Welt der Bakterien - Die unsichtbaren Beherrscher unseres Planeten

Phänomen Mensch - Körper, Krankheit, Medizin von Andreas Sentker und Frank Wigger

Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie - von Lutz Nover und Pascal von Koskull-Döring

Was treibt das Leben an? - Eine Reise in den Mikrokosmus der Zelle von Stephan Berry

Der Kampf zwischen Mensch und Mikrobe - 2 CDs (Audio CD) von Stefan H. E. Kaufmann (Erzähler), Klaus Sander (Produzent)

Der kleine Medicus - von Dietrich H. W. Grönemeyer

Top-Clicks der Woche