Wissenschaftlern ist es gelungen, das Genom des Braunbären vollständig zu entziffern. Die genetischen Untersuchungen seien an einem männlichen Tier durchgeführt worden, das im Pasviktal im nördlichen Norwegen gelebt habe, sagen die Forscher. Die neuen Daten hätten große Bedeutung, da sie nun mit den ebenfalls erst kürzlich veröffentlichten Erbgutinformationen von Eisbären verglichen werden könnten.
„Wir haben jetzt den Bauplan vom Braunbären und Eisbären. Das ist eine hervorragende Basis, um die genetische Anpassung dieser Arten an unterschiedliche Klimabedingungen zu erforschen“, sagt Studienleiter Axel Janke vom Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) in Frankfurt am Main. Außerdem könnten mit den vorliegenden Erbgutinformationen wichtige Fragen zur Biologie der Bären untersucht werden. Ziel sei es, diese Tiere besser zu verstehen und dadurch auch besser schützen zu können. Der Braunbär gilt zwar nicht als gefährdet. Sein Lebensraum schrumpft aber seit einiger Zeit immer weiter.
Das Braunbär-Erbgut solle künftig aber auch als Basis für eine Reihe von Reihe von Untersuchungen zu den Verhaltensweisen und zur Verbreitung der Braunbären dienen. „Im Erbgut des Braunbären ist die Geschichte der Art verewigt, aber es wird Jahre dauern, sie vollständig zu rekonstruieren“, mutmaßt Janke.
Braunbären wiegen mehr als ein Kleinwagen
Braunbären, zu denen auch die Grizzlys und Kodiakbären gehören, leben heute vor allem in Alaska, Kanada und Nordasien. Die mächtigen Tiere werden rund drei Meter lang, 1,50 Meter hoch und können bis zu 800 Kilogramm wiegen. Zusammen mit den vom Klimawandel bedrohten Eisbären der Arktis sind sie damit die größten Landraubtiere auf der Erde.
Wie BiK-F-Wissenschaftler erst vor kurzem herausfanden, entwickelten sich die beiden Spezies vor fast einer Million Jahren aus einem gemeinsamen Vorfahren. Die Arten sind damit viel älter als lange Zeit gedacht. Gerade die nahe Verwandtschaft der beiden Tiere mache sie für die Wissenschaft so interessant, sagen die Forscher.
Erbgut-Vergleich von Braun- und Eisbären geplant
Ein Erbgut-Vergleich könne enthüllen, wie sich die beiden Bärenarten im Verlauf der Evolution an die jeweils unterschiedlichen Lebensräume angepasst haben, hoffen die Wissenschaftler. Dazu sei es nötig die Gene zu identifizieren, die es einem Säugetier ermöglichen, in der Arktis oder in der gemäßigten Klimazone zu überleben.
Die Analyse der riesigen neuen Datenmengen habe schon begonnen, sagen die Forscher. Erste Ergebnisse seien bereits in Kürze zu erwarten.
„Der Genvergleich von Mensch, Neandertaler und Schimpanse hat uns bereits wichtige Einblicke in die Evolution verschafft“, meint Janke. Die Bären seien nun die zweite Gruppe von Säugetieren, in denen nahezu vollständige Genome von nahen Verwandten analysiert werden könnten. „Damit wird der ‚Pilot-bär‘ aus dem Pasviktal für die Wissenschaft unsterblich“, mutmaßt der Forscher.
(Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) / dapd, 13.10.2011 – DLO)