Biologie

Frösche: Quaken verrät Chromosomenzahl

Verdopplung des Erbguts verlangsamt den Rhythmus des Paarungsrufs der Männchen

Männchen des Grauen Baumfroschs Hyla versicolor © Robert A. Coggeshall / CC-by-sa 3.0

Allein am Quaken erkennen die Weibchen einer nordamerikanischen Froschart, wie viele Chromosomen ein rufendes Froschmännchen besitzt. Dadurch können sie feststellen, ob er ihrer Art angehört. Das haben US-amerikanische Forscher herausgefunden. Die beiden eng verwandten Arten des grauen Baumfroschs sehen völlig gleich aus, ihr einziger Unterschied besteht darin, dass eine Art doppelt so viele Chromosomen in ihren Zellen trägt wie die andere – 48 statt 24. Nur am Paarungsruf sei es für die Weibchen möglich, den passenden Partner zu erkennen und zu finden, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B -Biological Sciences“.

„Die Männchen beider Arten quaken den exakt gleichen Paarungsgesang – aber der östliche Graue Baumfrosch Hyla versicolor quakt ein wenig langsamer als Hyla chrysoscelis“, sagt Studienleiter Carl Gerhardt von der University of Missouri in Columbia. Das langsamere Ruftempo der östlichen Froschart werde durch dessen höhere Chromosomenzahl beeinflusst, sagen die Forscher. Jede Zelle beim östlichen Grauen Baumfrosch müsse die doppelte Menge an Erbgut unterbringen, dadurch seien alle Zellen dieser Art etwas größer. Das verändere auch den Mechanismus des Quakens und verlangsame dessen Rhythmus.

Verändere man künstlich die Chromosomenzahl der Weibchen, ändere sich damit auch deren Präferenz für langsames oder schnelleres Rufen, berichten die Wissenschaftler. Das belege, dass die Weibchen dieser Forscharten ihre Partner tatsächlich nur nach der am Ruf erkennbaren Chromosomenzahl auswählen und nicht nach anderen, möglicherweise noch unbekannten Artmerkmalen.

Chromosomenzahl künstlich verändert

Für ihre Studie hatten die Forscher Weibchen der Art Hyla chrysoscelis im Labor aufgezogen. Bei einem Teil von ihnen führten sie künstlich eine Chromosomenverdopplung herbei. Dadurch besaßen diese Weibchen nun 48 statt der für ihre Art normalen 24 Chromosomen. Als die Weibchen beider Gruppen paarungsreif waren, spielten die Wissenschaftler ihnen per Lautsprecher Paarungsrufe sowohl in dem für ihre Art typischen schnelleren Rhythmus vor, als auch in dem langsameren Tempo des östlichen Grauen Baumfroschs.

Die Froschweibchen mit dem normalen Chromosomensatz hopsten wie erwartet zu dem Lautsprecher mit dem schnelleren, arttypischen Ruf. Doch die Weibchen mit dem künstlich verdoppelten Genom bevorzugten den Lautsprecher mit dem langsameren Ruf – dem, der eigentlich der anderen Froschart gehörte. „Das zeigt, dass die Chromosomenzahl allein das Verhalten dieser Frösche beeinflusst“, sagt Gerhardt. Die Veränderung der Erbgutmenge reiche bereits aus, um sicherzustellen, dass sich nur Partner mit der gleichen Chromosomenzahl attraktiv finden und paaren.

Einblick in die Evolution neuer Froscharten

Diese Entdeckung liefere auch einen Einblick darin, wie diese und andere Froscharten ursprünglich entstanden sein könnten, meinen die Forscher. Meist bilden sich neue Tierarten, wenn zwei Populationen beispielsweise durch einen Fluss oder eine Bergkette längere Zeit voneinander getrennt sind. Nach Ansicht von Gerhardt repräsentiert der Graue Baumfrosch einen der seltenen Fälle, in denen Arten auch ohne lange Trennung entstehen, nur durch spontane Verdopplung ihrer Chromosomen. Dieses Ereignis reiche offenbar aus, um das Verhalten beider Arten so zu verändern, dass sie sich nicht mehr miteinander paarten, meint der Forscher. (doi: 10.1098/rspb.2011.1968)

(University of Missouri, 02.01.2012 – NPO)

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