Zwischen hochgefährlichen Feinden unbemerkt zu bleiben, ist eine für das Überleben äußerst nützliche Fähigkeit. Der in westafrikanischen Savannen lebende Rote Wendehalsfrosch hat sie: Er nutzt eine raffinierte chemische Tarnkappe, um sich vor Angriffen aggressiver Ameisen zu schützen. Woraus diese Tarnkappe besteht, haben Forscher nun aufgeklärt.
Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Onlinejournal „PLOS ONE“.
Der Rote Wendehalsfrosch hat es schwer. Er lebt in Savannen, in denen es manchmal über ein halbes Jahr nicht regnet. Um nicht zu vertrocknen, muss er sich in dieser Zeit im feuchten Erdreich aufhalten. Da er aber nicht selber graben kann, ist er auf bestehende Löcher und Spalten angewiesen. Diese sind aber meist schon von sehr aggressiven Ameisen besetzt. Eine dieser Arten, die bis zu 2,5 Zentimeter groß werdende und nach Schwefel riechende afrikanische Stinkameise, ist besonders aggressiv. Sie hat mächtige Kiefer und einen giftigen Stachel. Mit ihrem potenten Gift tötet sie auch Frösche und frisst diese.
Unbehelligt mitten im Ameisennest
Mark-Oliver Rödel und seine Kollegen am Museum für Naturkunde Berlin waren deshalb sehr überrascht, den Roten Wendehalsfrosch inmitten der Kolonien dieser Ameisen zu finden. Da Ameisen sich hauptsächlich an chemischen Signalen orientieren, vermuteten die Forscher, dass die Frösche sich mit Hilfe chemischer Signale vor Angriffen schützen. Mit den richtigen Duftstoffen versehen könnten die Frösche den Ameisen vorgaukeln, dass sie harmlos und keine Beute sind.
Um diese Hypothese zu überprüfen, suchten die Wissenschaftler in einer Reihe von Experiment nach Substanzen auf der Haut der Frösche, die diese Tarnkappenwirkung verursachen könnten. Tatsächlich etdeckten sie zwei bislang unbekannte Substanzen in der Haut der Frösche. Diese Substanzen, zwei Peptide, synthetisierten sie dann künstlich in ausreichender Menge, um sie vor Ort in Afrika an dort lebenden Stinkameisen zu testen.
Duftstoff schützt selbst Termiten vor dem Ameisenangriff
Sie setzten den Ameisen dafür Termiten vor, von denen einige mit den gefundenen Peptiden überzogen waren, andere nicht. Das Experiment zeigte, dass der Schutz vor den Ameisen in der Tat durch diese Peptide aus der Froschhaut zustande kommt: Die Stinkameisen ignorierten behandelte Termiten oder griffen sie nur zögerlich an, verglichen mit den Termiten ohne den chemischen Schutz.
Die Autoren der Studie glauben, dass die von ihnen entdeckten neuen Substanzen unter Umständen nützlich sein könnten, auch aggressives Verhalten anderer Insektenarten zu verringern.
Die Forscher vermuten, dass die Wendehalsfrösche diese Substanzen nicht über die Nahrung aufnehmen, wie es etwa bei den in Südamerika lebenden Pfeilgiftfröschen der Fall ist. Stattdessen kann der Rote Wendehalsfrosch seinen chemischen Tarnmantel offenbar selbst herstellen. So haben gerade frisch aus Kaulquappen umgewandelte Jungfrösche diesen Schutz bereits, und sie verlieren ihn auch nach jahrelanger Haltung in Gefangenschaft nicht.
(PLOS ONE, 2013, 10.1371/journal.pone.0081950)
Video bei PLOS ONE:Frosch zwischen Ameisen
(Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, 12.12.2013 – AKR)