Frostiger Siegeszug: Wiederholte Kälteeinbrüche vor gut 200 Millionen Jahre könnten den Dinosauriern zu ihrem Aufstieg verholfen haben. Denn anders als andere Urzeit-Reptilien waren sie bereits warmblütig und durch federähnliche Haare gegen die Kälte geschützt. Dadurch konnten die Dinosaurier die reichen Pflanzenbestände der polaren Breiten nutzen. Zudem half ihnen die Kältetoleranz, selbst frostige Perioden während mehrerer vulkanischer Winter zu überstehen – während ihre Reptilien-Rivalen dabei größtenteils ausstarben.
Lange galten die Dinosaurier als wechselwarme, wärmeliebende Geschöpfe, die vor allem den Tropengürtel des Urkontinents Pangäa besiedelten. Doch in den letzten Jahren hat sich dieses Bild gewandelt: Funde von Fußspuren, Fossilien und sogar versteinerten Dino-Nestern in Alaska und Grönland belegen, dass die Dinosaurier selbst Polarnacht und Kälte problemlos überstanden. Zwar war das Klima während der Trias und Kreidezeit sehr warm und es gab weder Permafrost noch Gletscher an den Polen. Kalt konnte es dort im Winter aber dennoch werden.
Frühe Dino-Fußspuren im hohen Norden
Jetzt liefern Funde in China Indizien dafür, dass die Kältetoleranz der Dinosaurier auch eine entscheidende Rolle für ihren Aufstieg zur dominierenden Tiergruppe spielte. Für ihre Studie hatten Paul Olsen von der Columbia University in New York und seine Kollegen im Junggar Becken im Nordwesten Chinas Gesteinsschichten untersucht, die vor gut 200 Millionen Jahren abgelagert wurden. Zu dieser Zeit – am Übergang der Trias zum Jura – lag diese Region im hohen Norden Pangäas, deutlich jenseits des Polarkreises.
Zahlreiche Fußabdrücke in diesen Ablagerungen zeugen davon, dass damals bereits frühe Dinosaurier in dieser polaren Region lebten, wie die Forschenden berichten. Aus Fossilien geht zudem hervor, dass es in den hohen Breiten des urzeitlichen Pangäa zu dieser Zeit artenreiche Wälder gab. „Die Wälder in dieser Gegend umfassten zahlreiche sommergrüne, breitblättrige Koniferen, Gingkos und andere sommergrüne Pflanzen“, berichten Olsen und sein Team. Diese arktischen Wälder waren artenreicher als die der tropischen und gemäßigten Breiten.
Von Eisschollen mitgeschleppte Kieselsteinchen
Die eigentliche Entdeckung waren aber nicht die Dino-Fußspuren, sondern kleine, unscheinbare Kieselsteinchen von rund eineinhalb Zentimeter Durchmesser. Diese Steinchen lagen in ansonsten feinkörnigem Sediment, das vor rund 206 Millionen Jahren den schlammigen Grund eines Sees bildete, wie das Team berichtet. Das Merkwürdige daran: Während solche gröberen Kiesel an Fluss- oder Seeufern durchaus normal sind, ist ihre Präsenz in Mitte größerer Seen sehr ungewöhnlich.
Nähere Analysen ergaben, dass diese urzeitlichen Kiesel den Steinchen entsprechen, die typischerweise von Eisflächen und Eisschollen in Gewässer eingetragen werden: „Der Ursprung dieser Eisfloß-Gerölle ist saisonales Eis, das entlang der Ufer gefriert und dabei Körnchen vom Grund einschließt“, erklären die Forschenden. „Dieses Eis driftet dann hinaus ins offene Wasser, wo es später aufbricht und dann schließlich schmilzt.“
Frostige Winter trotz Treibhausklima
Das aber bedeutet: Zu der Zeit, als die frühen Dinosaurier dieses polare Gebiet besiedelten, muss es dort frostige, sehr kalte Perioden gegeben haben. Obwohl am Ende der Trias ein Treibhausklima ohne dauerhafte Eiskappen an den Polen herrschte, konnten die Winter im hohen Norden demnach kalt werden. „Traditionell gelten die Dinosaurier als Bewohner gleichmäßig warmer Klimate, aber unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass sie auch frostige Winter aushielten“, schreiben Olsen und seine Kollegen.
Nach Ansicht der Paläontologen waren die Dinosaurier demnach schon vor gut 200 Millionen Jahren gut gegen polare Bedingungen gewappnet: „Sie müssen prinzipiell an die Kälte angepasst gewesen sein.“ Zum einen bot wahrscheinlich das feine, haarähnliche Federkleid diesen Dinosauriern Schutz vor der Kälte. Zum anderen sprechen neue Erkenntnisse dafür, dass schon die ersten Vertreter der Dinosaurier warmblütig gewesen sein könnten – anders als ihre wechselwarmen Reptilien-Zeitgenossen.
Vorteil gegenüber Saurier-Rivalen
Genau dies könnte auch erklären, warum die Dinosaurier das große Massenaussterben am Ende der Trias so gut überlebten: Als vor 202 Millionen Jahren gewaltige Vulkanausbrüche den Himmel verdunkelten und mehrfach für jahrzehntelange vulkanische Winter sorgten, waren viele Dinosaurier gerüstet: Ihre Kälteanpassung erlaubte es ihnen, diese bis in die Tropen reichenden Frostphasen zu überstehen.
„Die Dinosaurier der hohen Breiten hatten gewissermaßen schon die Wintermäntel an, als dies passierte. Viele ihrer Rivalen aus der Trias-Zeit starben dagegen aus“, erklärt der nicht an der Studie beteiligte Stephen Brusatte von der University of Edinburgh. Die zuvor in den Tropen und gemäßigten Breiten dominierenden Reptilien, darunter frühe Verwandte der Krokodile, starben aus, weil ihnen wärmende Haare und eine robuste Thermoregulation fehlten. Dies ermöglichte es den Dinos, die freigewordenen Nischen zu besetzen. (Science Advances, 2022; doi: 10.1126/sciadv.abo6342)
Quelle: Columbia Climate School