Ein warmes Gefühl: Wenn wir uns großzügig verhalten, macht uns dies glücklich – mehr als wenn wir uns selbst belohnen. Diese enge Verbindung zwischen Geben und Glück zeigt sich sogar im Gehirn, wie nun ein Experiment belegt. Demnach aktiviert großzügiges Verhalten ein Hirnareal, das eng mit unserem Belohnungszentrum verknüpft ist. Diese tiefverwurzelte Verbindung von Glück und Geben werde im Alltag stark unterschätzt, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“.
Die meisten Menschen besitzen ein gewisses Maß an Großzügigkeit und Altruismus: Wir spenden Geld für gute Zwecke, opfern Zeit bei ehrenamtlichem Engagement und kooperieren selbst dann, wenn wir selbst nur wenig oder gar nicht davon profitieren. Aber was treibt diese Großzügigkeit an? Studien liefern hier ganz unterschiedliche Erklärungsansätze, von den Genen über die Hoffnung auf Gegenseitigkeit und die gezielte Förderung von Freunden und Verwandten bis hin zu einem Ansteckungseffekt.
Doch die unmittelbare Triebkraft für großzügiges Verhalten könnte viel pragmatischer und simpler sein: Es macht einfach glücklich. „Das warme Gefühl, das wir empfinden, wenn wir etwas für andere tun, könnte großzügiges Verhalten beim Menschen fördern“, meinen Soyoung Park von der University of Lübeck und ihre Kollegen. Ob dies tatsächlich so ist und wie Großzügigkeit und Glück im Gehirn zusammenhängen, haben sie nun untersucht.
Blick ins Gehirn beim Geben
Für ihre Studie versprachen die Forscher zunächst ihren 50 Probanden vier Wochen lang einen kleinen Geldzuschuss. Eine Hälfte sollte dieses Geld für sich ausgeben und sich konkret überlegen wie. Die andere Hälfte sollte dieses Geld dagegen für jemand anderen auszugeben – sei es in Form einer Essenseinladung oder für ein Geschenk – und sich schriftlich dazu verpflichten.
Erst danach begann das eigentliche Experiment. In diesem sollten die Teilnehmer eine ihnen zugeteilte Geldsumme mit einem Bekannten teilen. Ja nach Versuchsvariante schmälerte dies ihren eigenen Gewinn mehr oder weniger stark. Während dieser Entscheidung zeichneten die Forscher die Gehirnaktivität der Teilnehmer mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomografie (fMRI) auf. Außerdem wurden sie vorher und nachher nach dem Grad ihres Glücklichseins gefragt.
Großzügige sind glücklicher
Das interessante Ergebnis: Die Probanden der „Großzügigen“-Gruppe teilten im Folgetest nicht nur bereitwilliger. Sie fühlten sich auch glücklicher dabei. Bei den Kontrollprobanden, die im Vorfeld das Geld für sich selbst ausgeben sollten, war dieses positive Gefühl deutlich weniger ausgeprägt, wie die Forscher berichten.
„Wir stellen fest, dass schon die öffentlich deklarierte Absicht, großzügig zu handeln, die spätere Großzügigkeit und das Glück effizient erhöht“, sagen die Forscher. „Angesichts der Tatsache, dass die Teilnehmer zu diesem Zeitpunkt das Geld weder bekommen noch es ausgegeben hatten, ist dies bemerkenswert.“
Verknüpft auch im Gehirn
Dieser Glücks-Effekt des Gebens zeigte sich auch im Gehirn: Bei den großzügigen Probanden feuerten die Neuronen im sogenannten temporoparietale Übergang (TPJ) besonders stark – einem Hirnareal, das mit prosozialem, altruistischen Verhalten in Zusammenhang steht. „Der TPJ spielt eine entscheidende Rolle dabei, die eigenen egoistischen Motive zu überwinden“, erklären die Forscher.
Noch spannender aber: Das großzügige Handeln aktivierte auch Verbindungen des temporoparietalen Übergangs zu einem der Glückszentren im Gehirn, dem ventralen Striatum. Dieses ist eng mit dem Belohnungszentrum verknüpft und reagiert immer dann, wenn wir uns etwas Gutes tun – oder einem anderen, wie sich nun zeigt. „Das bestätigt unsere Hypothese einer engen Verknüpfung zwischen Großzügigkeit und Glück“, so Park und ihre Kollegen.
Unterschätzter Effekt
Interessanterweise macht das Geben demnach sogar glücklicher als die Selbstbelohnung – ganz entgegen landläufiger Meinung: „Wenn man Menschen fragt, glauben die meisten, dass das Glückgefühl größer ist, wenn man Geld für sich selbst ausgibt“, berichten die Forscher. „Im Alltag unterschätzen die meisten Menschen demnach die Verbindung zwischen Großzügigkeit und Glück – und übersehen damit die Vorteile des prosozialen Gebens.“
Das unwillkürliche „warme Gefühl“ beim Geben könnte ihrer Ansicht nach so tiefwurzelnd und ausgeprägt sein, dass es die Triebkraft für die Großzügigkeit des Menschen bildet. Das könnte erklären, warum altruistisches Handeln in menschlichen Gesellschaften so ausgeprägt ist. Wann und warum die Großzügigkeit anfing, dieses Gefühl bei unseren Vorfahren auszulösen, wäre nun die nächste interessante Frage. (Nature Communications, 2017; doi: 10.1038/ncomms15964)
(Nature, 12.07.2017 – NPO)