Schon der Besuch von Tanzaufführungen trainiert unser Gehirn und unsere Muskeln aufs Tanzen: Obwohl der Zuschauer ruhig auf seinem Stuhl sitzt, spielt sich in ihren Muskeln die gleiche elektrische Aktivität ab wie bei den Tänzern selbst. Die Gehirnregionen, die die tanztypischen Armbewegungen steuern, sind bei regelmäßigen Ballettbesuchern zudem stärker erregbar und aktiver als bei Zuschauer-Neulingen. Das berichten britische Forscher im Fachmagazin „PloS ONE“.
Schon seit längerem ist bekannt, das spezielle Schaltkreise im Gehirn, die sogenannten Spiegelneuronen, auf Emotionen und Bewegungen Anderer reagieren. Unwillkürlich entstehen in diesen Gehirnbereichen ähnliche Aktivitätsmuster, wie bei dem gerade beobachteten Gegenüber. Unklar war aber bisher, inwieweit auch komplexe Bewegungsmuster wie das Tanzen solche Spiegelungen auslösen können. Deshalb testeten die Forscher dies bei Besuchern von Ballettaufführungen und von Aufführungen des indischen Tanzes.
Nach Angaben der Forscher zeigen ihre Ergebnisse, dass selbst die reine Beobachtung des Tanzens das Spiegelsystem aktiviert und eine Art Trainingseffekt im Gehirn bewirkt. „Selbst Ballettzuschauer, die selbst nie die auf der Bühne gezeigten Bewegungen ausgeführt haben, zeigen Veränderungen in der Gehirnaktivität, wenn sie bereits häufiger solche Aufführungen besucht haben“, schreiben Corinne Jola von der University of Surrey und ihre Kollegen. Keiner der 32 untersuchten Probanden hätte zuvor eine formale Tanzausbildung absolviert, weder im Ballett noch in einer anderen Tanzform.
Zwei Mechanismen sorgen für innerliches Mittanzen
Die Wissenschaftler vermuten, dass zwei verschiedene Mechanismen für dieses innerliche Mittanzen verantwortlich sind: Zum einen löst das Spiegelsystem eine direkte Resonanz in der Muskel- und Gehirnaktivität aus – völlig unbewusst und unabhängig von der Vorerfahrung der Zuschauer.