Medizin

Gehirntraining verlangsamt Verlauf von Alzheimer

Kognitive Stimulation verbessert Gedächtnis und Denkfähigkeit bei Demenzpatienten

Geistiges Training hat eine positive Wirkung auf den Verlauf von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen: Wird die Denkfähigkeit von Patienten mit milder bis mittlerer Demenz gezielt mit Übungen stimuliert, verlangsamt dies den geistigen Abbau. Das belegt die Analyse mehrerer Studien zu dieser Behandlungsform durch britische Forscher. Die auf diese Weise trainierten Patienten hätten durchschnittlich etwa zwei Punkte in den gängigen Tests für kognitive Leistung bei Demenz hinzugewonnen. Das spreche dafür, dass das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt worden sei, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „The Cochrane Library“.

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Schon seit längerem wird empfohlen, Patienten mit Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen gezielt durch die sogenannte kognitive Stimulation zu fordern. Im Rahmen dieser Übungen führen geschulte Helfer beispielsweise gezielte Gespräche mit Patienten über vergangene Ereignisse oder über ihre Interessen, um deren Gedächtnis und Kommunikationsfähigkeit zu trainieren. Außerdem üben sie mit ihnen Wortspiele, Puzzles und praktische Aktivitäten wie beispielsweise das Kuchenbacken oder das Arbeiten im Garten. Typischerweise werden solche Übungen jeweils 45 Minuten lang zwei Mal in der Woche durchgeführt.

Inwieweit die kognitive Stimulation tatsächlich messbare Verbesserungen bringt, war bisher umstritten. Jetzt haben die Forscher 15 Studien mit insgesamt 718 Demenzpatienten ausgewertet und so den Effekt zusammenfassend analysiert.

Deutliche Wirkung überrascht selbst Forscher

„Das überraschendste Ergebnis unserer Analyse ist die deutliche Wirkung der kognitiven Stimulation auf die geistige Leistung“, schreiben Bob Woods von der Bangor University und seine Kollegen. Dieser Effekt habe sich in fast allen untersuchten Studien gezeigt und sei unabhängig von einer medikamentösen Behandlung gewesen. Wie die Forscher berichten, waren die positiven Effekte der kognitiven Stimulation auch drei Monate nach dem Ende der letzten Behandlung noch messbar. Außerdem hätten sich auch positive Effekte auf die Kommunikation, die soziale Interaktion und die Lebensqualität der Betroffenen gezeigt.

„Insgesamt sind unsere Ergebnisse die vielleicht überzeugendsten bislang für den Nutzen psychologischer Behandlungen von Menschen mit Demenz“, sagt Woods. Geeignet sei kognitive Stimulation aber wohl nur für Patienten mit milder bis mittelstarker Demenz. In Fällen schwerer Demenz scheine diese Form der Behandlung nicht mehr zu wirken, konstatieren die Forscher.

Familienangehörige als Trainingspartner

Weitere Forschung sei nun nötig, um herauszufinden, wie lange die Wirkung der Stimulation anhalte, betonen die Forscher. Wichtig sei auch herauszufinden, ob diese Methoden auch dann wirkten, wenn sie beispielsweise von pflegenden Familienangehörigen durchgeführt würden. „Die Schlüsselfrage ist dabei, ob auch diejenigen die gleichen guten Ergebnisse erzielen, die nur eine kurze Einführung in die Methoden erhalten haben oder mit Hilfe eines Anleitungsbuchs arbeiten“, schreiben Woods und seine Kollegen. (Cochrane Library, 2012; doi:10.1002/14651858.CD005562.pub2)

(Cochrane Collaboration, 16.02.2012 – NPO)

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