Ein internationales Wissenschaftlerteam hat in der aktuellen Ausgabe des Online-Fachmagazins „Current Biology“ überraschende, neue Ergebnisse aus der Evolutionsforschung vorgestellt. Den Forschern ist es gelungen, die Entwicklung von Lachen bei Mensch und Affen zu rekonstruieren – bis zu den Ursprüngen vor zehn bis 16 Millionen Jahren.
Lachen gehört zu den am weitesten verbreiteten emotionalen stimmlichen Ausdruckselementen in der Kommunikation des Menschen. Es kann Freude ausdrücken, Konflikte entschärfen und sozial ansteckend wirken, als hämischen Lachen aber auch dazu dienen, andere auszugrenzen. Lachen ist über alle Kulturkreise hinweg verbreitet und bereits Babys im Alter von vier Monaten, aber auch blind und gehörlos geborene Kinder können lachen. Deshalb wird angenommen, dass Lachen eine angeborene stimmliche Gefühlsäußerung darstellt.
Können Menschenaffen lachen?
Die Wissenschaftler um Marina Davila Ross, Professor Michael Owren und Professorin Elke Zimmermann von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), der University of Portsmouth und der Georgia State University gingen deshalb in ihrem Vorhaben den Fragen nach, inwiefern stimmliche Komponenten des Lachens menschspezifisch sind, ob auch Menschenaffen lachen können und wie weit sich Lachen dabei aus Vorstufen ableiten lässt, die bereits auf vormenschlicher Stufe ausgebildet waren.
Lachen ist nicht gleich Lachen
Das Forscherteam zeigte, dass sich Lachen beim Menschen stimmlich dadurch von Menschenaffen unterscheidet, dass es überwiegend aus stimmhaften, melodischen Silben besteht, die beim Ausatmen generiert werden. Doch auch Menschenaffen können lachen. Sie äußern sowohl beim Ausatmen als auch beim Ein- und Ausatmen Serien von meist stimmlosen Kicher- oder Keckerlauten. In den langen Lautserien von Schimpansen und Bonobos werden sie erstmals auch stimmhaft und melodisch.
Über graduelle Veränderungen der Stimmstruktur von Kitzellauten lässt sich das Lachen beim Menschen ableiten. Die Lautähnlichkeiten spiegeln dabei exakt die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den fünf Arten wider, die aus molekulargenetischen Stammbaumanalysen gut belegt sind.
Aufgrund der neuen Erkenntnisse kann Lachen nach Angaben der Wissenschaftler damit bis zum letzten gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Menschenaffen, das heißt auf zehn bis 16 Millionen Jahren vor unserer Zeit zurückdatiert und seine Entwicklungsgeschichte rekonstruiert werden. Stimmliche Komponenten der Ur-Lachlaute wurden danach in der Evolution offensichtlich graduell verändert und verstärkt oder wieder zurückgebildet. Dies wird besonders auffällig nach der Abspaltung der Homininen-Linie von den Menschenaffen, als Lachen zu einem grundlegenden Werkzeug der menschlichen sozialen Kommunikation wurde.
Wirksamer Kitzelreiz
Für ihre Untersuchungen haben die Wissenschaftler mit einem Kitzelreiz das Lachen bei Kindern sowie Kitzellaute bei Jungtieren von den vier großen Menschenaffenarten, Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos ausgelöst. Diese Laute wurden über computerspektrografische Methoden physikalisch charakterisiert, um artspezifische Unterschiede im stimmlichen Ausdruck zu erfassen und Besonderheiten von artübergreifenden Ähnlichkeiten zu trennen.
Die so in ihrer Stimmstruktur quantifizierten Laute aller fünf Arten wurden anschließend einer stammesgeschichtlichen Analyse unterzogen. Über 800 Laute mit je elf verschiedenen Stimm-Merkmalen von insgesamt 25 Kindern und Jungtieren der verschiedenen Arten gingen in diese Analyse ein.
„Es ist damit das umfangreichste Datenmaterial, das bisher vergleichend zum emotionalen stimmlichen Ausdruck bei Menschenaffen und Menschen erhoben wurde“, sagt Ross, Wissenschaftlerin vom Centre for the Study of Emotion an der Universität Portsmouth.
Besondere Vorsichtsmaßnahmen nötig
Zimmermann, Direktorin des Instituts für Zoologie der TiHo und Initiatorin dieser Studie ergänzt: „Und es ist die einzige Untersuchung, die unter vergleichbaren Bedingungen Menschen und alle vier großen Menschenaffenarten in vergleichbarem Alter einbezogen hat. Ohne die vielfältige Unterstützung zoologischer Gärten und einem Rehabilitationszentrum für Orang-Utans in Malaysia sowie Eltern im privaten Umfeld wäre eine solche Untersuchung nicht möglich gewesen“.
Dabei war es nicht immer einfach, Institutionen, die Menschenaffen züchten, zur Mitarbeit anzuregen, denn diese gehören zu den am stärksten von der Ausrottung bedrohten Affenarten. Deshalb mussten besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um eine mögliche Gesundheitsgefährdung der Tiere auszuschließen. Dass sich die Mühen gelohnt haben, belegen, so die Wissenschaftler, die Ergebnisse der Studie.
(idw – Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, 05.06.2009 – DLO)