Die genetischen Unterschiede zwischen Hefezellen der gleichen Art sind größer als die Unterschiede zwischen Mensch und Schimpanse. Das ist das Ergebnis einer jetzt in „Nature“ veröffentlichten Studie. In ihr wurden erstmals die individuellen Unterschiede im Genom von Organismen einer Art systematisch untersucht.
Die Sequenzierung des kompletten Hefegenoms im Jahr 1996 markierte den Beginn einer Revolution in der biologischen und medizinischen Forschung. Wenig später folgten die Entschlüsselung weiterer Genome, 2001 auch die des Menschen. Der nächste Schritt wäre nun die Sequenzierung und der Vergleich individueller Unterschiede und Entwicklungen innerhalb und zwischen den Arten.
70 Hefeorganismen verglichen
Einen ersten Schritt in diese Richtung haben nun Anders Blomberg, Professor für Zell- und Molekularbiologie an der Universität von Gothenburg in Schweden und sein Kollege Jonas Warringer unternommen. Gemeinsam mit Forschern des Sanger Instituts in Cambridge und der Univeristät von Nottingham verglichen sie die DNA-Sequenzen von 70 einzelnen Hefen von zwei verschiedenen Arten, der gemeinen Bierhefe Saccharomyces cerevisiae und seinem evolutionären Vetter Saccharomyces paradoxus. Eine der Fragen dabei war unter anderem, wie die „Domestizierung“ der Bierhefe und der ständige Kontakt mit Alkohol deren Gene verändert hat.
“Domestizierung“ veränderte DNA
Tatsächlich zeigten die Bierhefen deutliche Spuren ihrer Nutzungsgeschichte in ihrem Erbgut: „Der Mensch hat Wein- und Bierhefen rund um die Welt transportiert, verschiedene Hefen wurden gekreuzt und rekombiniert“, erklärt Blomberg. „Dadurch tragen die heutigen Stämme Genvarianten aus verschiedenen Teilen der Welt.“ Dieses Mosaikmuster war dagegen in der anderen untersuchten Hefeart, die nicht vom Menschen genutzt wurde, nicht zu finden. Auch der Alkoholkontakt hat, wie bereits vermutet, im Laufe der Zeit bei der Bierhefe einige Genveränderungen bewirkt.
Menschen- und Schimpansen-DNA einander ähnlicher
Die Studie brachte auch ein überraschendes Ergebnis: Die Wissenschaftler stelten fest, dass die genetischen Variationen zwischen den einzelnen Hefeorganismen einer Art deutlich größer waren als die Genunterschiede zwischen Mensch und Schimpanse, also zwischen zwei verschiedenen Tierarten.
Bei der Hefe lag der Anteil der Variationen bei bis zu vier Prozent, die DNA von Mensch und dem ihm am nächsten verwandten Menschenaffen liegt aber nach bisherigen Erkentnissen nur bei rund einem Prozent. Da ein ähnlicher systematischer Komplettvergleich beim Menschen oder Affen bisher noch fehlt, ist allerdings nicht klar, wie groß die innerartlichen Variationen bei diesen sind.
Eine weitere Erkenntnis war, dass Individuen der gleichen Art zusätzliches Genmaterial ansammeln können. Diese Zusatzgene liegen dabei in den Randbereichen der Chromosomen, in der Telomer-Region. Nach Ansicht der Forscher deutet dies darauf hin, dass besonders die Telomere eine wichtige Rolle für die Evolution spielen.
(Universität Gothenburg, 16.02.2009 – NPO)