Genetik

Genom des „Osterhasen“ entschlüsselt

Ostfinnischer Feldhase steht Modell für seine Artgenossen in Europa

Feldhase
Der Feldhase (Lepus europaeus) wird auch Europäischer Hase genannt. © erviunnasranta

Hakenschlag für die Genetik: Biologen haben das Erbgut eines Europäischen Feldhasen entschlüsselt – dem Vorbild für den Osterhasen. Der von einem finnischen Feldhasen stammende Datensatz liefert nun das Referenzgenom, mit dem DNA-Informationen von weiteren Hasen und anderen Wildtieren verglichen werden können. Das könnte Aufschluss über die Evolution der Langohren geben, aber auch über die Entwicklung der Feldhasen im Zuge des Klimawandels und als invasive Art auf anderen Kontinenten.

In der europäischen Kultur bringt der Osterhase zum Ende der christlichen Fastenzeit bunte Eier. Dargestellt wird das flinke Fabelwesen in Zeichnungen und Deko-Figuren in der Regel als brauner Feldhasen. Doch warum wurde ausgerechnet dieses Langohr zum Symboltier für Ostern? Dazu gibt es verschiedene Theorien. Eine Rolle könnte unter anderem gespielt haben, dass Hasen nachtaktiv und nur schwer beim vermeintlichen Eierbringen zu erwischen sind.

Sicher ist jedoch, dass Feldhasen (Lepus europaeus) – auch Europäische Hasen genannt – in Europa schon lange vor den kleineren Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) verbreitet waren, die sich erst später ausgehend von der Iberischen Halbinsel auf dem Kontinent ausbreiteten. Der Osterhase konnte daher kein Karnickel sein.

Erbgut eines finnischen Feldhasen sequenziert

Während der Osterhase wohl auf ewig ein sagenumwobenes Tier bleiben wird, haben Forschende nun zumindest ein Rätsel um den Feldhasen gelüftet: sein Erbgut. Ein Team um Craig Michell von der Universität Ostfinnland in Joensuu hat erstmals ein nahezu vollständiges Genom dieser Hasenart sequenziert. Dazu nutzten die Biologen die DNA aus Mitochondrien und Zellkernen von Bindegewebszellen eines männlichen Feldhasen, der in Ostfinnland gefangen wurde.

Das so gewonnene Genom umfasst insgesamt 2,9 Milliarden Basenpaare. Das entspricht 96 Prozent der genetischen Information des Feldhasen. Diese verteilt sich auf 23 normale Chromosomen sowie je ein X- und Y-Chromosom, wie das Team berichtet. Die Hasen-DNA enthält 30.833 verschiedene Gene, darunter 21.467, die für Proteine kodieren. Damit ist das Erbgut etwas kleiner, aber genreicher als das menschliche Genom, das 3,1 Milliarden Basenpaare und 20.080 Gene mit Proteincode enthält, wie die Genetiker berichten.

Feldhase stellt seltenes Referenzgenom

Aus den so identifizierten Genen des Feldhasen setzten Michell und seine Kollegen ein Referenzgenom zusammen, das bei künftigen Genvergleichen unter Tieren als Standard herangezogen werden kann. Das Hasenerbgut ist nun Teil des European Reference Genome Atlas (ERGA), in dem Forschende solche genetischen Informationen sammeln. Langfristiges Ziel dieser Initiative ist es, Referenzgenome für alle in Europa vorkommenden höheren Organismen zusammenzustellen.

Solche Datensätze erleichtern es Biologen und Medizinern, Rückschlüsse aus genetischen Informationen zu ziehen. Referenzgenome liegen jedoch vor allem für den Menschen sowie einige Tiere vor, die in der Forschung als Modelltiere verwendet werden. Von Wildtieren gibt es hingegen bisher nur sehr wenige Referenzgenome. Der finnische Feldhase ist damit einer der ersten. Ihm soll demnächst das Referenzgenom eines Schneehasen (Lepus timidus) folgen, wie Michell und seine Kollegen berichten. Möglich machten dies technologische Fortschritte bei der Analyse von Chromosomen und Genen, wodurch immer längere DNA-Sequenzen am Stück abgelesen werden können.

Hinweise auf Entwicklung der Hasen

Die Genomdatenbank ist öffentlich zugänglich. Damit können nun alle interessierten Forschenden neue DNA-Daten von Hasen und anderen Tieren mit dem Standard des finnischen Feldhasen vergleichen und daraus Rückschlüsse auf die Funktion einzelner Gene ziehen. Auch zur evolutionären Entwicklung von Nagern und Hasenartigen sowie zu heutigen körperlichen Anpassungen der Langohren an Umweltveränderungen könnten die Daten Hinweise geben.

Wie das Team berichtet, gibt es zum Beispiel Hinweise, dass sich der Feldhase im Zuge des Klimawandels immer weiter nördlich in Finnland ausbreitet und dabei mit seinem arktischen Cousin, dem weißen Schneehasen paart, der besser an die dortigen Bedingungen angepasst ist. In vielen Ländern auf anderen Kontinenten gilt der Feldhase zudem als invasive Art, die sich mit den heimischen Hasen mischt oder diese verdrängt. Welche Vorteile ihm das jeweils bringt und welche Gene dafür entscheidend sind, könnten künftige Genanalysen zeigen. (Peer Community Journal, 2024, doi: 10.24072/pcjournal.393)

Quelle: Universität Ostfinnland (UEF Viestintä)

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