Biotechnologie

Gentech-Mistel aus Bakterien

Erster rekombinanter Pflanzenwirkstoff wird erprobt

Die Mistel gilt in der biologischen Krebsbekämpfung bereits seit längerem als vielversprechender Wirkstoff. Doch bislang mussten die Präparate aus Extrakten hergestellt werden, eine gleichbleibende Konzentration und Qualität war damit nur schwer zu erreichen. Jetzt haben Wissenschaftler erstmals den therapeutisch wirksamen Bestandteil der Pflanze gentechnisch produziert.

{1l}

Der krebshemmende Wirkstoff der Mistel soll bald in großem Maßstab gentechnisch hergestellt werden: Gemeinsam haben die Gesellschaft für Biotechnologische Forschung in Braunschweig (GBF) und die Viscum AG in Bergisch Gladbach ein industrietaugliches Verfahren für die Produktion des Pflanzenproteins Viscumin entwickelt. Viscumin gehört zur Substanzklasse der Lektine und ist ein Eiweißmolekül mit krebsbekämpfender und das Immunsystem stimulierender Wirkung. Das daraus gewonnene Präparat Aviscuminum wird bereits unter Verantwortung der Viscum AG in umfangreichen klinischen Prüfungen getestet – die Voraussetzung für eine mögliche spätere Zulassung als Medikament. Wenn es zum Einsatz kommt, wird es das erste gentechnisch hergestellte Medikament aus einem Pflanzenwirkstoff sein.

Den beteiligten Forschern ist es gelungen, das Gen des Mistel-Wirkstoffs zu finden und in das Darmbakterium Escherichia coli einzuschleusen. „Die Bakterien können das Viscumin in wesentlich größeren Mengen herstellen als die Pflanze selbst“, erklärt Martin Langer, Business Development Manager der Viscum AG, „Und sie produzieren es in gleichbleibender Qualität.“ Damit können die Mediziner wesentlich besser arbeiten und geeignete Dosen verabreichen als mit Mistelextrakten, deren Zusammensetzung und Qualität sehr stark schwanken.

Bevor man medizinische Wirksamkeitsstudien am Patienten in Angriff nehmen kann, müssen Proben des Wirkstoffs in geeigneter Menge und hoher Qualität hergestellt werden – ein Prozess, der durch die gesetzlichen Vorschriften zur „Good Manufacturing Practice“ oder guten Herstellungspraxis (kurz: GMP) streng geregelt ist. Das erledigten die Bioverfahrenstechnik-Spezialisten der GBF, die eine arzneimittelrechtliche Genehmigung zur GMP-Produktion haben – nur wenige öffentliche Einrichtungen verfügen über eine solche Erlaubnis.

Die GBF erarbeitete das „Scale-up“ vom Labormaßstab zur Produktion im Bioreaktor und entwickelte so ein robustes Produktionsverfahren. Am Ende der intensiven Kooperation zwischen Forschung und Wirtschaft, so hofft GBF- Bereichsleiter Dr. Holger Ziehr, „werden wir hoffentlich vielen Krebspatienten geholfen haben.“ Bis das biotechnologisch erzeugte Mistellektin möglicherweise einmal als Medikament zugelassen wird, bleibt dennoch ein weiter Weg zurückzulegen: „Die vorgeschriebenen klinischen Untersuchungsreihen werden sich bestimmt noch einige Jahre lang hinziehen“, ergänzt Langer.

(Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF), 30.07.2004 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

keine Dossiers verknüpft

Bücher zum Thema

keine Buchtipps verknüpft

Top-Clicks der Woche