Subtiler Effekt: Das Älterwerden beschert uns nicht nur mehr Falten – es macht unser Gesicht auch asymmetrischer, wie eine Studie enthüllt. Demnach nehmen die Unterschiede zwischen den Gesichtshälften im Schnitt um 0,06 Millimeter pro Lebensjahrzehnt zu. Betroffen davon ist vor allem die Partie zwischen Augenbrauen und Mund. Warum die Alterung nicht gleichmäßig wirkt und welche Gewebe für die subtile Verschiebung verantwortlich sind, ist allerdings noch offen.
Unser Gesicht verrät einiges über uns und unsere Gesundheit. So erkennen wir unter anderem an den Gesichtsproportionen, ob wir ein Kind oder einen Erwachsenen vor uns haben. Bei der Partnerwahl empfinden wir glatte Haut, einen gesunden Teint und relativ symmetrische Gesichtszüge instinktiv als attraktiv – denn diese Merkmale deuten auf gute Gesundheit hin.
Auf das Maß der Asymmetrie kommt es an
Allerdings: „Ein gewisses Maß an Asymmetrie im Gesicht gibt es bei jedem Gesicht und gerade das wirkt attraktiv“, erklären Olivia Linden von der University of California in San Francisco und ihre Kollegen. Studien belegen, dass völlig symmetrische Gesichter auf uns eher künstlich wirken – denn in der Natur kommen sie kaum vor. Stattdessen sind oft Kinnlinien und Wangenknochen nicht exakt auf der gleichen Höhe oder ein Auge sitzt leicht anders als das andere. Solange diese Verschiebungen sehr gering bleiben, empfinden wir dies als normal und schön.
Doch wie verändert sich die Symmetrie unseres Gesichts im Laufe des Lebens? Das haben Linden und ihr Team nun durch Vermessung der Gesichter bei 191 Versuchspersonen verschiedensten Alters untersucht. Für ihre Studie erstellten sie Portraitfotos und legten dann eine gespiegelte Gesichtshälfte über die andere. Dadurch konnten sie selbst kleinste Abweichungen der verschiedenen Gesichtsstrukturen genau vermessen.
Verschiebung der Gesichtshälften
Das Ergebnis: Unabhängig von Geschlecht oder Hautfarbe zeigte sich ein Trend in der Symmetrie der Gesichter: Je älter die Probanden waren, desto asymmetrischer wurden auch ihre Gesichtszüge. „Es gab eine hochgradig signifikante positive Korrelation zwischen dem zunehmenden Alter und der Gesichtsasymmetrie“, berichten die Forscher. Im Schnitt erhöhte sich die Ungleichheit zwischen den Gesichtshälften um 0,06 Millimeter pro Lebensjahrzehnt.
Besonders deutlich zeigten sich die Veränderungen in den mittleren und unteren Bereichen des Gesichts – dem Bereich zwischen Augenbrauen und Kinn. Nach Angaben der Wissenschaftler ist dies naheliegend, denn diese Gesichtsregionen sind beweglicher und daher wahrscheinlich stärker den Alterungsprozessen ausgesetzt.
Mechanismen noch unklar
Welche Mechanismen allerdings hinter dieser allmählichen Verschiebung der Gesichtszüge stecken, ist bisher unklar. „Das bleibt zu diskutieren, es ist aber denkbar, dass sowohl hartes als auch weiches Gewebe daran beteiligt sein könnten“, erklären Linden und ihre Kollegen. Denkbar wäre beispielsweise die nachlassende Hautspannung, Veränderungen der Gesichtsmuskulatur oder Fettschicht durch Stress und Alterung, aber auch ein ungleiches Wachstum der Kiefer.
„Der Zusammenhang zwischen Alter und Asymmetrie könnte auch dazu beitragen, den Einfluss von sozialen und umweltbedingten Stressfaktoren auf die Gesundheit aufzuklären“, sagen die Forscher. „So hat eine Studie festgestellt, dass eine erhöhte Gesichts-Asymmetrie bei Männern zwischen 79 und 83 Jahren mit dem geistigen Abbau verknüpft zu sein scheint.“ Um diesen und weitere mögliche Zusammenhänge zu ergründen, wären nun Langzeitstudien nötig, bei denen Gesundheit und Gesichtszüge einer Gruppe von Menschen über Jahrzehnte hinweg immer wieder untersucht werden. (Plastic and Reconstructive Surgery, 2018; doi: 10.1097/PRS.0000000000004831)
(Wolters Kluwer Health, 05.11.2018 – NPO)