Will es mit den Mathematik-Hausaufgaben mal wieder nicht so recht klappen? Eine ungewöhnliche Lösungshilfe haben jetzt amerikanische Wissenschaftler entdeckt: das Gestikulieren. Wie sie in der Fachzeitschrift „Journal of Experimental Psychology“ berichten, fiel es Kindern leichter, neue Problemlösungsstrategien zu erlernen, wenn sie dazu ermutigt wurden, Gesten zu Hilfe zu nehmen.
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Psychologen der Universität von Chicago führten zwei Studien mit insgesamt 176 Kindern der dritten und vierten Klasse durch. Allen gemeinsam war, dass sie in Mathematik häufiger Fehler machten. Zu Beginn der Studien musste jedes Kind zunächst sechs Matheaufgaben an der Tafel lösen, Gleichungen nach dem Muster: 6+3+7= x + 7. Hinterher sollten sie erklären, wie sie zu ihrer Lösung gekommen waren.
Unbewusstes Verständnis der Prinzipien
Eine Teilgruppe erhielt dabei den Hinweis, bei ihren Erklärungen Gesten zu benutzen, eine weitere Gruppe, auf keinen Fall zu Gestikulieren und einer dritten Gruppe gaben die Forscher gar nicht vor, wie sie sich zu verhalten hatten. Die Wissenschaftler um Sara C. Broaders nahmen alle Erklärungen auf Video auf und analysierten hinter Äußerungen und Gesten, die in Zusammenhang mit den Problemlösungsstrategien standen.
Es zeigte sich, dass die Kinder, die ausdrücklich zum Gestikulieren ermutigt worden waren, mit einer viermal höheren Wahrscheinlichkeit die richtige Lösung gefunden hatten – zumindest manuell. Denn die Forscher beobachteten, dass selbst Kinder, die das falsche Ergebnis an die Tafel geschrieben hatten, unbewusst das dahinter stehende mathematische Prinzip verstanden hatten: Sie nutzten beispielsweise ein Geste, bei der sie mit ihren Händen quasi beide Seiten der Gleichung abwogen – für die Wissenschaftler ein Zeichen, dass sie verstanden hatten, dass auf beiden Seiten des Gleichzeichens die gleiche Menge herauskommen musste.
Gesten erleichtern Lernen
Zwar reichte diese noch unbewusste Erkenntnis nicht aus, um sie in die korrekte Handlung umzusetzen, doch ein nachfolgender Test zeigte, dass gestikulierende Kinder stärker von den Erklärungen und Hilfen eines Lehrers profitierten als Nicht-Gestikulierer. Nach der Mathestunde lag bei ihnen die Wahrscheinlichkeit, eine Aufgabe zu lösen, immerhin eineinhalb Mal so hoch wie bei den Kindern, denen Gestikulieren von Beginn an verboten war.
„Wenn wir die Kinder dazu ermutigen, zu gestikulieren, hilft es ihnen, zuvor unausgedrückte implizite Ideen zu kommunizieren“, erklärt Broaders. „Das wiederum macht sie offenbar empfänglicher für Instruktionen, die zum Lernerfolg führen.” Nach Ansicht der Forscherin hilft das Gestikulieren den Kindern, neue Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Möglicherweise deshalb, weil sie sich durch die Gesten Aspekte des mathematischen Problems klarmachen, die auf diese haptische Weise leichter verständlich werden.
Bewegungen helfen beim Denken
Die Ergebnisse der Studie bestätigen vorherige Erkenntnisse, dass Körperbewegungen Menschen nicht nur dabei helfen, Dinge auszudrücken, die sie verbal nicht artikulieren können, sondern dass sie tatsächlich auch dazu beitragen, besser denken zu können. Gerade in die unteren Klassen könnte das Gestikulieren daher gerade den Kindern helfen, die nur schwer Zugang zum mathematischen Denken finden.
(American Psychological Association, 05.11.2007 – NPO)